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Bauvorhaben mit Architekten: Mögliche Kostenrisiken

Inhaltsverzeichnis

Welche Risiken birgt das Bauen mit einem Architekten?

Ein großes Problem beim Bauen mit einem Architekten, ist die Kostenunsicherheit über längere Zeit und die hohen Kosten, die die Beauftragung mit sich bringen. Ein Architekt plant jedes Bauvorhaben individuell und neu. Generalunternehmer, die Massivhäuser erstellen, sowie Fertighausanbieter, die Holzbauten erstellen, haben weitestgehend für die Verdrängung der Architekten aus dem Markt für Einfamilienhäuser gesorgt. Der Vorteil bei dieser Art des Bauens liegt beispielsweise darin, bei manchen Anbietern einen Prototyp eines solchen Fertig- oder Massivhaus sogar im Vorfeld besichtigen zu können. Darüber hinaus erhalten Sie als Verbraucher eine hohe Kostentransparenz und eine große Planungssicherheit.

Die Problematik der Architekten ist nicht neu. Sogar der Gesetzgeber hat die Gefahr erheblicher Kostenunsicherheiten beim Architektenhausbau erkannt. Daher gibt es seit dem 01.01.2018 die §§ 650p und 650r im BGB. Hier wird folgendes klar geregelt: Ein Architekt muss dem Bauherren demnach mit den ersten Planungen und Entwürfen auch eine Kosteneinschätzung vorlegen. Anhand dieser Fakten kann sich der Bauherr innerhalb einer 14-Tages-Frist entscheiden, die Arbeit mit dem Architekten fortzusetzen oder diese einzustellen. Es gibt keinen Passus, der in einem Architektenvertrag aufgenommen werden könnte, der diese Regelung außer Kraft setzt.

Aus dem Blickwinkel des Verbraucherschutz ist diese Regelung eine wichtige Errungenschaft, war es doch seither teils fast unmöglich, aus einem einmal geschlossenen Architektenvertrag wieder auszusteigen. Es gab sogar Fälle, in denen der Architekt seinen entgangenen Gewinn vom Auftraggeber gefordert hat. 

Trotz dieser Regelungen des Gesetzgebers kommen Sie als Bauherr nicht umhin, dem Architekten einen klar definierten Auftrag in den Punkten Qualitätsstandard und Leistungsumfang zu erteilen. Eine exakte Beschreibung des zu planenden Hauses findet sich in nahezu keinem Architektenvertrag. Finden sich im Vertrag beispielsweise keine expliziten Definitionen über den Ausbau des Dachgeschosses oder der zu verbauenden Heizungsanlage, kann und wird der Architekt diese Kostenpunkte bei der Kosteneinschätzung nicht berücksichtigen können. Auch der Gesetzgeber kann Sie letztlich nicht davor schützen, diese Mehrkosten am Ende tragen zu müssen. Der Architekt ist verpflichtet, Sie umfassend zu beraten und eine vollumfängliche Planungsgrundlage zu erstellen. Vereinbarungen, die in Architektenverträgen hinsichtlich vereinbarter Eigenschaften und Leistungen, das Bauwerk betreffend aufgenommen werden, sind oft mangel- und lückenhaft. 

Welche Mehrkosten können entstehen?

Typische Risiken für Mehrkosten beim Bauen mit dem Architekten:

  • Nicht definierte Vorgaben bezüglich Materialien
  • Ungenaue Größenvorgaben für Rauminhalte und Flächen     
  • Unklare Vorgaben bezüglich Ausstattung
  • Nicht näher definierte Vorgaben zur Energetik
  • Ungenaue Vorgaben die Haustechnik betreffend
  • Viele individuelle Detailplanungen mit hohem Aufwand ohne Mehrwert 
  • Nicht vorgesehene Lösungen hinsichtlich bspw. Barrierefreiheit oder Schornstein
  • Unklare Vorgaben über zusätzlich benötigte Dienstleistungen (Bsp.: Vermesser, Statiker, Bodengutachter)
  • Kostenschätzung aufgrund fehlender Ausschreibungsergebnisse  

Der Auftraggeber eines Architekten ist demnach in der Pflicht, diesem eine exakte Leistungsbeschreibung zu erstellen, damit am Ende die Vorstellungen des Bauherren umgesetzt werden können. Die wenigsten Architekten geben Ihren Bauherren einen Fragebogen mit, mithilfe dessen sie eine detaillierte und vor allem in weiten Teilen vollständige Aufstellung der geforderten Leistungen zu Papier bringen können. In der Zusammenarbeit können noch weitere Schwierigkeiten entstehen: Ein Architekt, der noch nie ein Niedrigenergiehaus gebaut hat, wird das seinen Kunden auch nicht vorschlagen, auch wenn es durchaus eine mögliche Option wäre. Im umgekehrten Fall wird ein Architekt, der ein begeisterter Anhänger des Passivhauses ist, versuchen, Ihnen ein solches Modell „zu verkaufen“. Auch, wenn das vielleicht überhaupt nicht Ihren Vorstellungen entspricht. 

Diese Beispiele machen deutlich, dass beim Bauen mit einem Architekten möglicherweise zahlreiche Probleme entstehen können, die schnell auch zu Kostenproblemen werden können. Das heißt jedoch nicht, dass es beim Bauen mit einem Generalunternehmer oder einem Fertighausanbieter keine unvorhergesehenen Kosten und Probleme geben kann. 

Beherrschbar ist diese Problematik letztlich nur, indem Sie als Bauherr eine möglichst klare Anforderungsübersicht erstellen und die Einhaltung dieses Anforderungskatalogs während der Planungs- bzw. Bauphase konsequent prüfen. Um eine realistische Kosteneinschätzung zu erhalten, muss man gegebenenfalls eingreifen, auch, um die Anforderungen nicht aus dem Blick zu verlieren.   

Wie wichtig ist das Bauleistungsverzeichnis?

Der Architekt benötigt ein sogenanntes Bauleistungsverzeichnis, um zwingend erforderliche Bauleistungen an Einzelhandwerker ausschreiben zu können oder einen Generalunternehmer um eine Angebotserstellung ersuchen zu können. Ein solches Verzeichnis wird erstellt, sobald der Architekt mit seiner Planung fertig ist. In dem transparenten Kostenvergleich liegt einer der großen Vorteile in der Zusammenarbeit mit einem Architekten. Um eine Verlässlichkeit der eingeholten Vergleichspreise zu erreichen, ist eine Vollständigkeit der vom Architekten veranlassten  Ausschreibung erforderlich. Schätzt dieser Stückzahlen falsch ein oder vergisst er notwendige Bestandteile, kann dies am Ende zu erheblichen Kostensteigerungen führen.

Die meisten Ausschreibungen erstellt ein Architekt heutzutage überwiegend mit einer dafür speziell entwickelten Software. Wie bei allen Automationen birgt auch diese gewisse Risiken. Die Verwendung einer solchen Software ist kein Garant für Vollständigkeit beziehungsweise Richtigkeit. Eine Ausschreibung ist nicht schlechter, wird sie mit herkömmlichen Mitteln wie Excel- oder Word-Dokumenten erstellt. Hier ist häufig eher das Gegenteil der Fall: Meist ist eine solche Ausschreibung erheblich detaillierter und genauer, da sich aus der Automatisierung weniger individuell beschreiben lässt. Nur ein langjährig tätiger Architekt ist in der Lage, Ausschreibungen, die bei Schwierigkeiten auf der Baustelle flexibles Handeln erlauben und keinerlei Platz für Nachforderungen lassen, vollständig und rechtssicher zu erstellen. 

Im Vorfeld einer Ausschreibung, die an Handwerker oder Generalunternehmer übermittelt wird, ist das Hinzuziehen eines Fachanwalts für Bau- und Architektenrecht in jedem Fall empfehlenswert. Texte in Ausschreibungen beinhalten immer auch rechtliche Regelungen, die unter Einhaltung der aktuellen Rechtsprechung und aktuellen Gesetzeslage korrekt sein müssen. Diese Rechtssicherheit kann letztendlich nur von einem Juristen überprüft werden. Andernfalls kann eine als vermeintlich sicher angenommene Ausschreibung ganz schnell zu Problemen führen. Die Präzision einer Ausschreibung sollte also keinesfalls unterschätzt und Probleme, die daraus resultieren können, nicht riskiert werden. Das kann sonst schnell sehr teuer werden.

Fehler, die in Ausschreibungen häufig zu finden sind: 

  • Ungenaue oder fehlende Maßvorgaben
  • Zu geringe oder falsche Stückzahlen
  • Falsche oder unpräzise Leistungsbeschreibungen
  • Unzulässige Leistungsbeschreibungen 
  • Unvollständige Leistungsbeschreibungen
  • Unpräzise oder nicht vorhandene (Zusatz)Materialangaben
  • Fehlende Ausschreibung notwendiger Zusatzleistungen 
  • Fehlende Ausschreibung notwendiger vorbereitender Arbeiten
  • Nicht vorhandene Ausschreibung benötigter Spezialmaschinen
  • Falsche zeitliche oder rechtliche Vorgaben
  • Fehlende Vorgaben notwendiger Versicherungen
  • Unzureichende Sicherheitsvorgaben

Anhand dieser Punkte wird klar, dass eine unzureichend vorbereitete und ausgearbeitete Ausschreibung ein wahrer Kostentreiber werden kann. 

Dieser Expertenartikel wurde mit großer Sorgfalt von der Immoportal.com Redaktion geprüft. Unser Anspruch ist es, fachlich fundiertes Wissen zu veröffentlichen. Dennoch kann es sein, dass inhaltliche Fehler nicht entdeckt wurden oder der Inhalt nicht mehr dem aktuellen Gesetzesstand entspricht. Finden Sie Fehler, freuen wir uns, wenn Sie uns Bescheid geben. Wir werden die Informationen dann umgehend berichtigen.
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