Möglichkeiten der Bebauung im Außenbereich

Was ist der Außenbereich und wo ist die Bebauung des Außenbereichs geregelt?
Im anfänglichen Überblick zu den Grundlagen der Grundstücksbebauung haben wir bereits erklärt, dass das Baugesetzbuch zwischen drei Bereichen unterscheidet, in denen ein Bauvorhaben geplant sein kann:
- im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB),
- im sogenannten Innenbereich, also innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB) oder
- im Außenbereich (§ 35 BauGB).
In diesem Artikel widmen wir uns nun den Regelungen zum Bauen im Außenbereich. Aber was ist mit dem Außenbereich überhaupt gemeint? Zum Außenbereich gehören alle Gebiete, die außerhalb eines Bebauungsplans und außerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen liegen. Der Außenbereich ist gesetzlich also nicht positiv definiert, sondern stellt einen Rest dar.
Unter dem Außenbereich werden alle Gebiete zusammengefasst, die nicht Gegenstand von §§ 30 oder 34 BauGB sind; für diese Gebiete gilt § 35 BauGB. Das bedeutet, dass durch diese drei Paragrafen des Baugesetzbuches die Zulässigkeit von Bauvorhaben auf allen Grundstücken geregelt ist. Zudem wird hier noch einmal deutlich, dass der Außenbereich nicht nur Grundstücke in der freien Landschaft umfasst. Auch die Bebauung von Grundstücken, die beispielsweise zu einem größeren, nicht durch die Umgebung geprägten Bereich innerhalb eines Ortsgebiets zählen, bestimmt § 35 BauGB.
§ 35 BauGB enthält im Wesentlichen drei Gruppen von Bauvorhaben, die im Folgenden näher ausgeführt werden:
- privilegierte Vorhaben (§ 35 Abs. 1 BauGB),
- sonstige Vorhaben (§ 35 Abs. 2 BauGB) sowie
- teilprivilegierte Vorhaben (§ 35 Abs. 4 BauGB).
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Was versteht man unter privilegierten Vorhaben?
Als privilegierte Vorhaben werden Bauvorhaben bezeichnet, die nach § 35 Abs. 1 BauGB nur zwei Voraussetzungen erfüllen müssen, um im Außenbereich zulässig zu sein: Zum einen dürfen sie öffentlichen Belangen nicht entgegenstehen, zum anderen muss ihre Erschließung gesichert sein.
Diese privilegierte Stellung besitzen allerdings nur ganz bestimmte Bauvorhaben, die in § 35 Abs. 1 BauGB aufgelistet sind, nämlich Vorhaben, die:
- land- und forstwirtschaftlichen Betrieben dienen,
- dem Gartenbau dienen,
- der öffentlichen Versorgung oder ortsgebundenen Gewerbebetrieben dienen,
- aufgrund besonderer Anforderungen, nachteiliger Wirkung auf die Umgebung oder besonderer Zweckbestimmung im Außenbereich ausgeführt werden sollen,
- der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung von Wind- oder Wasserenergie dienen,
- der energetischen Nutzung von Biomasse dienen,
- der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung von Kernenergie dienen oder
- der Nutzung von Solarenergie dienen.
Aus zwei Gründen ist der Status des privilegierten Vorhabens für Bauherren reizvoll: Zum einen träumen viele von ihrem Traumhaus in freier Landschaft; zum anderen sind die Grundstücke im Außenbereich um einiges günstiger als die eigentlichen Baugrundstücke im Ortsbereich. Dementsprechend häufig werden Fälle vor Gericht verhandelt, in denen es genau um diese Frage geht: Erfüllt das Bauvorhaben die Kriterien eines privilegierten Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB?
Entscheidend für die Beantwortung dieser Frage ist einerseits die Nutzungsart. Es reicht nicht, wenn ein Bauherr einfach einige Wiesen pachtet, um dann ein Wohnhaus für seinen „landwirtschaftlichen Betrieb“ zu errichten. Um das zu verhindern, beurteilt sich die Eigenschaft eines landwirtschaftlichen Betriebs nach verschiedenen Indizien, beispielsweise nach
- der Gewinnerzielung,
- der Größe der landwirtschaftlichen Nutzfläche,
- dem Bestand an Tieren und Maschinen
- sowie an der Bestandsdauer der Landwirtschaft.
Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber auch den Tatbestand des „Dienens“, der für ein privilegiertes Bauvorhaben erfüllt sein muss. So ist etwa die Schafzucht auf eigenen Wiesen zwar als landwirtschaftlicher Betrieb zu werten, nach Auffassung der Rechtsprechung ist aber die Errichtung eines Wohnhauses für den Betrieb der Schafzucht nicht unbedingt erforderlich.
Was ist unter sonstige Vorhaben zu verstehen?
Im Allgemeinen soll der Außenbereich von Bebauung freigehalten werden – außer das Bauvorhaben ist entsprechend begründet, wie im Fall der oben genannten privilegierten Vorhaben. Für andere Vorhaben im Außenbereich legt § 35 Abs. 2 BauGB folgende Bestimmungen fest:
Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
Allerdings findet sich fast immer ein öffentlicher Belang nach § 35 Abs. 3 BauGB, der gegen die Umsetzung des Vorhabens spricht, beispielsweise weil das Vorhaben:
- den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
- die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder
- die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt.
Somit sind sonstige Vorhaben im Außenbereich nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig. Eine mögliche Ausnahme ist der Fall, dass eine Baulücke in einer Splittersiedlung geschlossen werden soll. Dafür muss die Splittersiedlung allerdings ein gewisses Gewicht besitzen und das Vorhaben muss sich der existierenden Bebauung unterordnen.
Was versteht man unter teilprivilegierten Vorhaben?
Weitere Ausnahmen legt § 35 Abs. 4 BauGB mit den sogenannten teilprivilegierten Vorhaben fest:
Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind […].
Das bedeutet, dass bestimmte Vorhaben, die zwar keine privilegierte Stellung im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB haben, dennoch im Außenbereich zulässig sein können, weil sie die oben genannten öffentlichen Belange (Beachtung des Flächennutzungsplans, Landschaftsschutz, Vermeidung von Splittersiedlungen) nicht beeinträchtigen.
Das trifft nach § 35 Abs. 4 BauGB auf folgende Vorhaben zu:
- Nutzungsänderungen von landwirtschaftlichen Gebäuden,
- Neuerrichtungen von Wohngebäuden an gleicher Stelle,
- Neuerrichtungen von zerstörten Gebäuden an gleicher Stelle,
- Änderungen oder Nutzungsänderungen von Gebäuden, die die Kulturlandschaft prägen,
- Erweiterungen von Wohngebäuden auf höchstens zwei Wohnungen und
- angemessene Erweiterungen von gewerblichen Betrieben.
Die Absicht hinter der Möglichkeit der Nutzungsänderung (Nr. 1) ist klar: Es soll verhindert werden, dass ehemals landwirtschaftlich genutzte Bauten verfallen. Eine solche Umnutzung ist allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich: Etwa, dass die erhaltenswerte Bausubstanz zweckmäßig verwendet wird und die äußere Gestalt im Wesentlichen erhalten bleibt. Zudem muss sich der Landwirt verpflichten, keine Neubebauung als Ersatz zu errichten.
Ebenso ist es möglich, ein bestehendes Gebäude im Außenbereich durch ein neues, gleichartiges Wohngebäude zu ersetzen (Nr. 2), wenn das vorhandene Gebäude Missstände oder Mängel aufweist, vom Eigentümer selbst genutzt oder geerbt wurde und der Neubau auch vom Eigentümer oder seiner Familie genutzt wird. Unter der Voraussetzung des Eigenbedarfs ist auch die angemessene Erweiterung von zulässigerweise errichteten Wohngebäuden auf bis zu höchstens zwei Wohnungen gestattet (Nr. 5).
Auch ein gewerblicher Betrieb im Außenbereich darf baulich angemessen erweitert werden (Nr. 6). Diese Regelung soll dem Modernisierungs- und Erweiterungsbedarf von Gewerbebetrieben gerecht werden. Auf Grundlage dieser Regelung nicht erlaubt sind jedoch strukturelle Änderungen, zum Beispiel darf ein Handwerksbetrieb nicht in einen industriellen Fertigungsbetrieb verwandelt werden.
Allerdings handelt es sich bei diesen Änderungen und Erweiterungen nur um teilprivilegierte Vorhaben; das bedeutet, dass ihnen nur die erwähnten öffentlichen Belange nicht entgegengehalten werden können. Andere in § 35 Abs. 3 BauGB aufgeführte öffentliche Belange können hingegen gegen eine Realisierung des Vorhabens sprechen, sodass die Zulässigkeit dieser Arten von Vorhaben letzten Endes eine Einzelfallentscheidung ist.
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