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Was sind Erhaltungssatzungen nach § 172 ff ? – Ein kleiner Überblick

Inhaltsverzeichnis

Was wird unter einer Erhaltungssatzung verstanden?

Eine Erhaltungssatzung bezweckt die städtebauliche Erhaltung baulicher Anlagen und Gebiete. Dadurch benötigen bauliche Vorhaben eine besondere Genehmigung und der Gemeinde wird gleichzeitig ein besonderes Mitspracherecht zugesprochen.

Durch eine Erhaltungssatzung erhält die Gemeinde in vielen Bundesländern ein Vorkaufsrecht im betroffenen Gebiet.

Es gibt zwei verschiedene Arten von Erhaltungssatzungen: die städtebauliche und die soziale Erhaltungssatzung.

Wann darf eine Erhaltungssatzung erteilt werden?

Paragraf 172 im Baugesetzbuch beschreibt, wann eine Gemeinde die Satzung für ein Gebiet erteilen darf:

Die Gemeinde kann in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen

  1. zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt,
  2. zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung oder
  3. bei städtebaulichen Umstrukturierungen

der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen.

Dabei geht es nicht allein um den Schutz der oft auch denkmalgeschützten Gebäude, sondern ebenso um den Erhalt vieler weiteren Faktoren. Diese können sein:

  • Das Ortsbild, das den optischen Eindruck oder das Straßenbild beinhalten. Darunter fallen beispielsweise Fassadenanstriche oder die Straßenrandbepflanzung.
  • Die Stadtgestalt, beispielsweise Grundrisse, Freiräume oder die Struktur der verschiedenen Quartiere.
  • Das Landschaftsbild, das durch den Paragrafen 35 im Baugesetzbuch auch in die Erhaltungssatzung miteinbezogen werden kann.

Was sind Inhalte einer Erhaltungssatzung?

In einer Erhaltungssatzung muss neben dem sachlichen Geltungsbereich auch die genaue Lage des Geltungsbereiches festgelegt werden. Zusätzlich wird beschrieben, welche Genehmigungspflichten zu erfüllen sind und was die Folgen einer Ordnungswidrigkeit sein könnten.

In Paragraf 213 Absatz drei des Baugesetzbuches wird beschrieben, dass bauliche Maßnahmen, die ohne Genehmigung im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung durchgeführt wurden, eine Strafe von bis zu 30.000 Euro zur Folge haben können.

Was ist eine städtebauliche Erhaltungssatzung?

Das Ziel einer städtebaulichen Erhaltungssatzung ist die Erhaltung der städtebaulichen Art eines Gebietes. Durch sie benötigen Neubauten, Rückbauten und Änderungen baulicher Maßnahmen eine Genehmigung. Davon betroffen sind alle Maßnahmen, die ein Gebäude in seinem Erscheinungsbild ändern könnten. Darunter fallen auch scheinbar kleine Maßnahmen, wie die Änderung einer Fensterunterteilung.

Was wird unter einer Milieuschutzsatzung verstanden?

Die soziale Erhaltungssatzung ist auch unter dem Begriff der Milieuschutzsatzung bekannt. Sie verfolgt im Gegensatz zu der städtebaulichen Erhaltungssatzung das Ziel, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in dem ausgeschriebenen Gebiet zu schützen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um den Schutz einzelner Mieter, sondern vielmehr um den ganzheitlichen Schutz eines Wohnungsbestands.

Es findet Anwendung, wenn die Gefahr besteht, dass durch bauliche Maßnahmen die Wohnbevölkerung aus dem Gebiet verdrängt werden könnte.

Zutreffen würde dies beispielsweise, wenn Modernisierungsmaßnahmen stattfinden, es dadurch zu einer Mieterhöhung kommt und die bestehenden Mieter sich diese nicht leisten können und daraufhin aus dem Gebiet wegziehen.

Andere Maßnahmen, die eine ähnliche Folge nach sich ziehen könnten, sind Wohnflächen- oder Wohnstrukturveränderungen. Selbst baurechtlich verfahrensfreie Vorhaben brauchen durch die Milieuschutzsatzung eine Genehmigung.

Bei der Milieuschutzsatzung kommt es zu einer Voruntersuchung des Gebiets. Dabei ist zu klären, ob das zu untersuchende Gebiet über die nötigen Punkte verfügt, die eine Erhaltungssatzung notwendig machen. Das Gebiet wird dabei auf

  • das Aufwertungspotenzial geprüft, beispielsweise das Wohnungsangebot, Ausstattungsmerkmale oder Sanierungspotenziale. Es handelt sich dabei größtenteils um Themen der Wohnbebauung.
  • den Aufwertungsdruck geprüft, beispielsweise Bestandsmieten, Baugenehmigungen und Auswirkungen von Modernisierungen. Der Aufwertungsdruck beschäftigt sich hauptsächlich mit Themen des Wohnungsmarktes.
  • die Verdrängungsgefahr geprüft, beispielsweise Wohndauer, Mietbelastungen oder die Nutzung der Infrastruktur. Durch die Verdrängungsgefahr wird die Wohnbevölkerung dargestellt.

Wurden diese Aspekte geprüft, sind mögliche negative Folgen für das Gebiet zu bestimmen.

Zusätzlich werden Erhebungsmethoden durchgeführt. Dies sind Marktforschungsverfahren, die dazu dienen, Daten und Informationen zu sammeln. Das Verfahren besteht aus der Sekundär- und der Primärforschung.

Die Sekundärforschung interpretiert bereits bestehende Daten neu. Diese Daten können vom statistischen Amt, vom Baurechtsamt oder vom Jugend- und Schulverwaltungsamt bezogen werden. Besonders wichtig ist dabei die Infrastrukturanalyse, die Kapazitäten und Prognosen der Infrastruktur deutlich macht.

Die aus der Sekundärforschung erhaltene Daten, sind mit den Primärerhebungen zu vergleichen. In dieser werden durch Befragungen und Beobachtungen Daten erlangt. Die herausgefundenen Informationen können Ausstattungen von Wohnungen, Mietbelastungen oder Modernisierungspotenziale betreffen.

Wurden alle Daten erhoben, sind sie untereinander und mit den Erkenntnissen des Aufwertungspotenzials, Aufwertungsdrucks und Verdrängungspotenzial zu vergleichen. So können negative Folgen für ein Gebiet bestimmt und nötige Ziele aufgestellt werden.

Mögliche Folgen können sein:

  • Durch die Erhöhung von Mieten kann preisgünstiger Wohnraum verloren gehen.
  • Durch Veränderung der Mietermasse kann es dazu kommen, dass die öffentliche Infrastruktur über- oder unterbelastet wird.

Welchen Einfluss hat der Milieuschutz auf die Gentrifizierung?

Unter Gentrifizierung wird ein sozioökonomischer Strukturwandel eines Stadtviertels verstanden. Dieser Wandel erfolgt durch eine Attraktivitätssteigerung zugunsten eines zahlungskräftigen Milieus. In diesem Zuge werden auch bauliche Maßnahmen getroffen, die ein Stadtviertel deutlich verändern und einen Wechsel der ansässigen Bevölkerungsschicht zur Folge haben können. Denn oftmals steigen die Mieten so stark, dass sich die ursprünglichen Bewohner nicht mehr leisten können, in ihrer Wohnung zu bleiben und müssen wegziehen.

Ein Instrument gegen die Gentrifizierung eines Stadtviertels kann der Milieuschutz sein. Greift dieser, fällt die Veränderung des Stadtgebietes weniger drastisch aus und die ansässigen Bewohner werden geschützt.

Welche baulichen Maßnahmen sind genehmigungspflichtig oder genehmigungsfrei?

Grundsätzlich wird bei jedem baulichen Vorhaben individuell geprüft, ob sie der Erhaltungssatzung widerspricht. Es ist beim Aufstellen einer Erhaltungssatzung jedoch darauf zu achten, dass die Bewohner des entsprechenden Gebiets darüber informiert werden. Wird dies unterlassen, haben die Bewohner kein Wissen darüber, nehmen eventuell bauliche Maßnahmen vor und handeln so unwissend gegen die Erhaltungssatzung, was schwerwiegende Folgen haben kann.

Genehmigungspflichtige Bauvorhaben sind grundsätzlich:

  • der Verkauf von Gebäuden
  • der Abbruch oder Rückbau von Gebäuden
  • Modernisierungen
  • Nutzungsänderungen

Ohne eine erhaltene Genehmigung über die geplante Baumaßnahme darf mit dem Bau nicht begonnen werden, selbst wenn das Gebäude vom Eigentümer selbst genutzt wird oder es sich um ein leer stehendes Gebäude handelt.

Genehmigungsfrei sind meist Instandsetzungsmaßnahmen wie beispielsweise Reparaturen im Gebäude oder der Neuausbau von Dachgeschossen.

Wann kann eine Genehmigung im Sinne der Erhaltungssatzung abgewiesen werden?

Eine Genehmigung über ein bauliches Vorhaben kann nach Paragraf 172 des Baugesetzbuches nur versagt werden, wenn:

  • die bauliche Anlage allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild prägt oder sonst von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischen Bedeutung ist.
  • die städtebauliche Gestalt des Gebiets durch die beabsichtigte bauliche Anlage beeinträchtigt wird.
  • die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll
  • um einen den sozialen Belangen Rechnung tragende Ablauf auf der Grundlage eines Sozialplans zu sichern.

Gründe, weshalb ein Bauvorhaben nicht genehmigt wird, können auch die nicht vorhandene Übereinstimmung mit geplanten Sichtachsen, Gebäudestellungen, Raumcharakteren oder Baukörpern sein.

Wie lange ist ein Erhaltungssatz gültig?

Ein Erhaltungssatz ist unbefristet, jedoch ist die Behörde dazu verpflichtet die ausgeschriebenen Gebiete alle fünf Jahre auf ihre Eignung zu überprüfen. Gleichzeitig müssen dabei auch die gesammelten Daten aktualisiert werden.
 

Mehr zum Thema Bebauungsplan finden Sie in unserem Artikel Wo, was und wie darf gebaut werden? – Grundlagen zur Bebauung eines Grundstücks

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