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Was versteht man unter Carbonbeton?

Inhaltsverzeichnis

Carbonbeton ist ein nicht-metallischer Bau- und Verbundwerkstoff, der dem Stahlbeton ähnlich ist. Der Carbonbeton besteht neben Beton aus einer Bewehrung aus Kohlenstofffasern (das englische carbon heißt übersetzt Kohlenstofffaser), die sowohl in Form von Stäben als auch Matten integriert sein können. Begründet durch den Herstellungsprozess mit mattenartigen Bewehrungen, die gemeinhin oft als Textilien bezeichnet werden, bezeichnet man den Carbonbeton auch häufiger als Textilbeton.

Wo liegt der Unterschied zwischen Carbon- und Textilbeton?

Beide Betonarten, der Carbon- und der Textilbeton, weisen eine gewisse Schnittmenge auf. Der Carbonbeton kann sowohl mattenartige als auch stabförmige Bewehrungen aus Carbon enthalten. Basalt oder alkaliresistentes Glas ist jedoch nicht enthalten. Der Textilbeton im Gegenzug umfasst mattenartige Bewehrungen aus Carbon oder Basalt und alkaliresistentem Glas, die Bewehrungen aus diesen Materialien liegen andererseits nicht stabförmig vor. Die beiden Betonarten eint ihre mattenartige Bewehrung aus Carbon. 

Die Bewehrung beim Carbonbeton besteht, im Gegensatz zum Stahlbeton, aus zu Stäben oder Garnen weiterverarbeiteten Carbonendlosfasern, sogenannten Filamenten (Spätlatein filamentum, bedeutet Fadenwerk). Das für diese Bewehrung verwendete Carbonmaterial weist mit 3000 N/mm²  eine weit höhere Zugfestigkeit auf als gängiger Bewehrungsstahl, der lediglich 550 N/mm² aufweist. Damit wird bei der Verwendung von Carbonbeton weniger Bewehrungsmaterial gebraucht. Carbonbeton eignet sich zum einen zur Verstärkung bestehender Bauteile als auch zur Herstellung neuer Bauteile. Zur Anwendung kommen feinkörnige Betone mit Größtkorn von bis zu 2 Millimetern und mit Größtkorn bis zu maximal 8 Millimeter.

In der Regel werden bei Textilbeton Gelege benutzt, generell kommen technische Textilien zum Einsatz. Carbonfasern oder alkaliresistentes Glas haben sich als Fasermaterial bewährt. In seinen Grundlagen wurde Textilbeton im Rahmen zweier Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erforscht, entwickelt wurde Textilbeton bereits Mitte der 1990er Jahre, vor allem an den Universitäten der Städte Aachen und Dresden.

Welche Bedeutung hat Carbonbeton für das Bauwesen?

Gegenüber der Beanspruchungen im Bauwesen muss eine Carbonbewehrung nicht durch eine mehrere Zentimeter dicke Betondeckung vor Korrosion geschützt werden, wie das bei einer Stahlbewehrung erforderlich ist, und ist "chemisch inert". Auf diese Weise lässt sich in der Herstellung von Bauteilen mit Carbonbeton deutlich dünner ausführen, was letztlich Material einspart.

Exkurs Der Fachterminus "chemisch inert" schreibt Substanzen eine vergleichsweise träge oder kaum vorhandene Reaktionsfähigkeit zu. Unter den jeweils herrschenden Bedingungen kommt es mit potentiellen Reaktionspartnern wie Wasser, Luft oder Edukten zu kaum wahrnehmbaren oder nicht messbaren Reaktionen. Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt soviel wie unbeteiligt, träge, untätig. 

Welche Besonderheiten weist die Carbonbewehrung auf?

Bewehrungen aus Carbon gibt es sowohl in Matten- als auch in Stabform. Keine große Relevanz spielen Carbonkurzfasern, die auch nicht im Zusammenhang mit dem Begriff des Carbonbeton genannt werden. Bei der Herstellung von Carbonstäben verschiedener Durchmesser erfolgt eine Profilierung der Oberfläche, womit die Kraftübertragung zwischen Beton und Bewehrung optimiert wird. 

Der mit Carbon bewehrte Beton wird auch häufig als Textilbeton bezeichnet. Im Fachhandel werden Mattenbewehrungen in verschiedenen Gitterweiten und mit verschiedenen Garnquerschnittsflächen angeboten.
 

Welche Verfahren der Carbonbeton-Herstellung gibt es?

Vornehmlich wird Carbonbeton im Laminier- oder Gießverfahren hergestellt. Weitere Herstellungsformen sind das Drucken und Schleudern.

Das Gießverfahren
Die Herstellung von Neubauteilen erfolgt hauptsächlich im Gießverfahren, bei dem die Bewehrung zunächst in einer waagerechten oder senkrechten Schalung unter Zuhilfenahme von Abstandshaltern angeordnet wird. Im Anschluss daran wird das Bauteil in einem Arbeitsschritt betoniert. Aus der Herstellung von Stahlbeton ist dieses Verfahren bereits bekannt. 

Das Laminierverfahren 
Für die Verstärkung von Bauwerken kommt vorrangig das Laminierverfahren zum Einsatz. Zunächst wird bei diesem Herstellungsverfahren eine 3 - 5 Millimeter starke Schicht aus Feinbeton auf den Untergrund einer Schalung oder eines bestehenden Bauwerkes aufgetragen. Das Auftragen des Feinbeton kann im Sprühverfahren oder händisch vorgenommen werden. Eine erste Lage textiler Bewehrung wird durch leichten Druck in diese Schicht eingebracht. Zur Sicherung der einzelnen Lagen sind keine Abstandshalter erforderlich. Diese beiden Arbeitsschritte des Betonauftragens und des Einlegens der Bewehrung werden im Anschluss so oft wiederholt, bis die erforderliche oder gewünschte Anzahl an Lagen erreicht ist. Die letzte Schicht bildet eine dünne Schicht aus Feinbeton. 

Das Druckverfahren
Im Jahre 2020 findet das Drucken von Betonbauteilen in der Praxis noch fast keine Anwendung, ist jedoch fester Bestandteil der Forschung. Beim Drucken von Carbonbetonbauteilen stellt vor allem das gleichzeitige Anordnen der Bewehrung und des Beton eine Herausforderung dar. Im Ablegen von Carbongarnen beim Druckvorgang liegt einer der Lösungsansätze. 

Das Schleuder-Verfahren 
Ähnlich wie bei der Herstellung von Stahlbeton wird auch in diesem Herstellungsverfahren die Bewehrung in einer zylindrischen Schalung angeordnet, welche im Anschluss mit Beton gefüllt wird. Die Form eines rohrähnlichen Querschnitts entsteht durch das Schleudern.

Wo werden Carbonbewehrungen angewandt?

Die ersten Praxisprojekte, bei denen Carbonbewehrungen zum Einsatz kamen und damit bekannt wurden, reichen in die 1990er Jahre zurück. In Teilabschnitten von Brücken wurden beispielsweise in Japan und Kanada stabförmige Carbonbewehrungen eingesetzt. In den letzten 10 Jahren kamen stabförmige Carbonbewehrungen im Brückenbau auch in den USA zum Einsatz, in Deutschland werden bis heute schwerpunktmäßig textile und mattenartige Carbonbewehrungen eingesetzt. Die beiden Bereiche, zwischen denen hinsichtlich ihrer Anwendung unterschieden wird:

  1. Sanierung beziehungsweise Verstärkung 
  2. Neubau

Anwendungsbereich von Carbonbeton im Bereich Sanierung/ Verstärkung
Eingesetzt wird Carbonbeton bereits seit 10 Jahren zunehmend im Bereich der Verstärkung und Sanierung einiger denkmalgeschützter Kuppel- und Schalenkonstruktionen. Den Anforderungen nach der Erhaltung des ursprünglichen Erscheinungsbild kann durch derlei Konstruktionen entsprochen werden, da mit sehr dünnem Schichtenauftrag gearbeitet werden kann. Dies ist für den Denkmalschutz ein wichtiges Kriterium. Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet für Carbonbeton ist die klassische Verstärkung von Geschossdecken aus Stahlbeton.

Im Bereich der Brückensanierung gab es bereits einige Beispiele für eine größere Carbonbetonanwendung. Die Stahlbetonbrücken erhielten im Zuge der Sanierungsarbeiten eine direkt befahrbare Carbonbetonschicht als Aufbeton. Bei einer alten Brücke aus dem Jahr 1910 waren an knapp 20 Meter weit gespannten Bögen Risse mit erheblichne Rissweiten aufgetreten. Die Risse konnten saniert werden, indem sie mit einer Bewehrung überspannt wurden, zu welchem Zweck eine vollflächige Carbonbetonschicht an den Unterseiten der Bögen aufgetragen wurde. 

Vorteile von Carbonbewehrungen 
Gegenüber einer Stahlbewehrung weist eine Carbonbewehrung einen nicht von der Hand zu weisenden Vorteil auf: Die Korrosionsbeständigkeit, die einer Betonkonstruktion eine eine deutlich längere Lebensdauer bescheinigt. Eine Reduzierung der Betonüberdeckung auf wenige Millimeter lässt sich bei der Carbonbewehrung erzielen, da diese, im Gegensatz zur Stahlbewehrung, nicht vor Korrosion geschützt werden muss. Dieser Sachverhalt ermöglicht darüber hinaus eine Einsparung bis zur Hälfte des Materials und ermöglicht deutlich dünnere Konstruktionen.

Veranschaulichung Schichten zur Verstärkung eines Bauwerkes weisen aus Carbonbeton lediglich eine Dicke von 1 - 2 Zentimeter auf, aus Stahlbeton sind sie rund 7 Zentimeter dick. Fassadenplatten aus Carbonbeton weisen eine etwa 6 Zentimeter geringere Dicke auf als Fassadenplatten aus Stahlbeton.

Carbon ist, verglichen mit Bewehrungsstahl, vier mal so leicht und besitzt eine 5 bis 6-fach höhere Tragfähigkeit. Generell lässt sich dem Carbon damit eine 20-fache Leistungsfähigkeit gegenüber Bewehrungsstahl zuschreiben. Daraus ergibt sich ein deutlich geringerer Materialverbrauch, was letztlich zu einer Kostenersparnis führt. 

Nachteile von Carbonbewehrungen
Nachteilig ist bei der Herstellung von Carbonbetonbauteilen die bis heute weitgehend fehlende Automatisierung. Bewehrungen werden in Fertigteilwerken oft sogar noch händisch zugeschnitten, Roboter, wie sie bei der Herstellung von Stahlbeton eingesetzt werden, sind hier nur äußerst selten vorhanden. Die geringe Erfahrung, die man bisher im Hinblick auf das Recycling von Carbonbeton gemacht hat, sind ein weiterer Nachteil. Getrennt voneinander recyceln lassen sich Beton und Carbon zwar bereits seit einiger Zeit, was jedoch für alle Branchen fehlt, ist die Wiederverwertbarkeit der ausgelösten Carbonfasern. Diesem Themenschwerpunkt wird sich die Forschung in den kommenden Jahren widmen müssen. 

Anwendungsbereich Carbonbeton im Neubau
Carbonbeton findet in der Praxis vorwiegend im Bereich der Wandkonstruktionen, Verkleidungen und Fassaden Anwendung. Eine Ergänzung beziehungsweise Alternative zu den bereits etablierten Stahlbetonlösungen, deren Bauteildicken meist weit über 70 Millimeter liegen, stellen Betonplatten mit einer Glas- oder Carbonbewehrung dar, die lediglich 10 bis 30 Millimeter dick sind. Neben dem Fassadenbereich werden Betonplatten auch zur Verkleidung diverser Konstruktionen eingesetzt. 

Bei modernen Brückenkonstruktionen wird inzwischen teils mit vorgefertigten und vorgespannten Carbonbetonplatten gearbeitet.

Wie ist das Preis-Leistungs-Verhältnis von Carbonbeton?

Hinsichtlich des Preises und ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit liegen Carbon und Stahl, Stand 2019, gleichauf. Der Kilopreis für Carbon liegt zwar um das 16-fache über dem Preis für Stahl, da Carbon jedoch eine 4-fach geringere Dichte und eine 6 mal höhere Festigkeit aufweist, ist Carbon bereits heute kostengünstiger als Stahl. 

Im Preisvergleich mit Stahlbeton schneidet Carbonbeton positiv ab, da sich durch den Carbonbeton der Materialeinsatz deutlich reduzieren lässt. Verstärkungsschichten oder Fassadenplatten aus Carbonbeton sind, verglichen mit Stahlbeton, um rund 6 Zentimeter dünner und bedeutet eine Materialersparnis von rund 75 %. Einzig die Herstellungskosten für Carbonbetonbauteile liegen deutlich über den Kosten für die weitestgehend automatisierte Herstellung von Stahlbetonbauteilen.

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