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Die Zukunft des Hausbaus – Ein Interview mit Tobias Beuler

Inhaltsverzeichnis

Deutschland hat traditionell hohe Standards im Bauwesen und legt großen Wert auf Qualität, Sicherheit und Langlebigkeit von Gebäuden. Doch wie werden sich diese Standards in Zeiten des technologischen Fortschritts verändern? Welche Auswirkungen haben die steigende Digitalisierung und die Integration von künstlicher Intelligenz auf den Bauprozess? Und wie können wir zukünftig energieeffiziente und umweltfreundliche Häuser bauen, die gleichzeitig den steigenden Bedürfnissen der Menschen nach Komfort und Flexibilität gerecht werden?

In diesem Interview spricht unser Geschäftsführer Florian Fischer mit Tobias Beuler, dem Bausachverständigen und Gründer von Hausbauexperte, über die Zukunft des Hausbaus.

Florian Fischer: Was können wir uns denn unter der Zukunft des Hausbaus vorstellen?

Tobias Beuler: Erst mal denkt man vielleicht an die Jetsons, die Comicserie aus den 80ern, die uns eine Zukunft mit in der Luft schwebenden, voll automatisierten Häusern versprochen haben. So weit sind wir aber noch nicht. Es fehlt zwar noch eine große Gesamtlösung, auf die sich alle Fachleute und Spezialisten einigen können, aber in vielen Teilbereichen sind wir auf einem guten Weg.

Florian Fischer: Welche wären das denn?

Tobias Beuler: Um die Zukunft des Hausbaus drehen sich aktuell 9 unterschiedlich große Themen. Das bekannteste Thema ist aktuell die Wärmepumpe, das interessanteste sicher China.

Florian Fischer: Was hat China mit der Zukunft des Hausbaus zu tun? 

Tobias Beuler: Die chinesische Regierung plant etwas weitsichtiger, als man das von anderen Regierungen kennt. Dort hat man erkannt, dass man aufgrund der Demografie demnächst auf einen Fachkräftemangel zusteuern wird. Also hat die Regierung beschlossen, dass ab 2030 über 30% der auf der Baustelle verwendeten Teile vorgefertigt werden müssen. Durch die Vorfertigung spart man dann viel Personal auf den Baustellen.

Florian Fischer: Müssen wir dann Angst haben, dass die Chinesen hier alles kaufen und unser Know-how in den Osten exportieren?

Tobias Beuler: Das Gegenteil ist der Fall. Wir sollten erst mal froh sein, dass wir in Deutschland eine so gute Bauwirtschaft haben und Länder, die nicht zwingend von uns abhängig sind, erst mal in der Lage sind, das zu erkennen und anschließend auch noch in uns zu investieren. So gehen die Chinesen eben nicht hin und kaufen hier Firmen, denen es gerade nicht gut geht und entlassen alle Leute, bauen das Werk ab und bauen es in China wieder auf. Die gehen viel mehr den smarteren Weg. China kauft hier gesunde Unternehmen und steckt dann noch zusätzliches Geld in Forschung und Entwicklung, damit die hier schon begonnenen Prozesse der Optimierung der Vorfertigung schneller vorangebracht werden können. Davon profitiert der gesamte Standort Deutschland.

Florian Fischer: Gibt es hierfür Beispiele?

Tobias Beuler: Ja klar. Unter anderem wurde in 2018 das Unternehmen Bürkle Keller übernommen. Bürkle Keller baut die Keller nicht mehr, wie es früher einmal war. Nämlich nur im Sommer bei guten Wetter, mit Maurern und auf Augenmaß, sondern die Firma hat eine komplette Vorproduktion für Fertigkeller-Elemente aufgebaut. So ein Fertigkeller steht dann in 2 Tagen und hat die Passgenauigkeit, wie man sie von der deutschen Autoindustrie kennt. Man kann also wetterunabhängig und ganzjährig bauen. Zudem spart man sehr viel Zeit, weil es die Bauzeit massiv verkürzt. 

Florian Fischer: Welche Themen drehen sich noch um die Zukunft des Hausbaus?

Tobias Beuler: Unter anderem stelle ich fest, dass sich einzelne Aspekte der Baubranche immer weiter spezialisieren. 

Florian Fischer: Was bedeutet das genau?

Tobias Beuler: Bauen wird immer komplexer und es gelingt nicht mehr so vielen Marktteilnehmern, zukünftigen Bauherren das komplette Programm anzubieten. So ziehen sich immer mehr Architekten von den Gesamtprojekten zurück und legen den Fokus auf bestimmte Teilbereiche, in denen sie dann versuchen, die beste Leistung anbieten zu können. Es gibt Architekten, die kümmern sich dann lieber um das Thema Baustelle, andere haben den Fokus auf Bauanträgen und eine kleine Elite an Architekten konzentriert sich auf das Design des Hauses. So können sich Bauherren erst mal ihr Traumhaus planen lassen und gehen dann mit den Plänen auf Hausanbietersuche. 

Florian Fischer: Und wo soll da der Vorteil für die Bauherren liegen? Früher konnten Architekten das doch komplett alleine abbilden, von der Planung bis zum Einzug.

Tobias Beuler: Das stimmt, aber früher war die Welt auch noch einfacher. Zudem haben heutige Bauherren durch das Internet schon sehr viel Know-how gesammelt und wollen über viele Dinge mitentscheiden, die früher keine Rolle gespielt haben. Früher hat man halt ein Haus geplant, während es heute sehr viele Einflussfaktoren gibt, die alle besprochen werden müssen. Das sind die Wünsche der Bauherren, deren Budget, der gültige Bebauungsplan, Licht- und Sichtachsen, die Nachbarbebauung und die Erschließung und Zufahrt. Das alles unter einen Hut zu bringen ist heutzutage sehr anspruchsvoll. 

Florian Fischer: Ok, wir haben China und Spezialisierungen. Was passiert noch so?

Tobias Beuler: Smart Home wird eine immer größere Rolle spielen. Bisher sind die Systeme noch nicht wirklich smart, sondern nur gut automatisiert. Man kann also die Jalousien zeitlich programmieren, oder auf den natürlichen Verlauf der Sonne ausrichten. Außerdem hat inzwischen fast jeder Neubau einen zentralen Schalter fürs Licht. Aber richtig smart wird es ja erst, wenn die Jalousien laut dem Stand der Sonne zwar um 8 Uhr morgens hochfahren müssen, aber dann doch unten bleiben, weil das System weiß, das heute eine Brückentag ist und die Bewohner länger im Bett bleiben. 

Es wird auch bald möglich sein, das Haus so gut zu vernetzen, das ältere Menschen, die nicht ins Heim wollen, sich komplett von zu Hause aus versorgen können. Das geht bis zur smarten Anzeige, wenn sich die Pillen im Medizinschrank dem Ende neigen.

Florian Fischer: Im Vorgespräch haben Sie auch urban mining erwähnt. Was hat es damit auf sich?

Tobias Beuler: Urban mining bedeutet, Häuser in der Stadt nicht mehr einfach abzureißen, sondern die damals verbauten Wertstoffe noch mal zu nutzen. So können aus alten Alufenstern wieder neue werden, wenn man den Rohstoff einschmilzt und daraus moderne Fensterrahmen mit vielen Kammern herstellt, die für eine gute Isolierung sorgen. So werden aus alten einfachen Fenster Hightech-Produkte. Auch das Glas kann selbstverständlich wieder verarbeitet werden.

Florian Fischer: Gibt es in naher Zukunft auch Effizienzgewinne?

Tobias Beuler: Ja, auch das. Bauherren, denen die große Architektenvilla vielleicht gar nicht so wichtig ist, sondern einfach ein ordentliches, nachhaltiges Haus mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis haben möchten, können sich zum Beispiel über Hauskonfiguratoren selbst ein Haus planen. Für einfache Häuser mit einfachen Grundstücken kann das eine Lösung sein. Gerade, wenn Architekten längere Wartezeiten haben sollten. Hier muss man allerdings aufpassen. Sich ein Haus so zu planen, das alles zum Bebauungsplan passt und die Statik in Ordnung ist, ist fast unmöglich. Hier sollten Bauherren besser auf vorkonfigurierte Häuser zugreifen, damit die eigene Planung kein Reinfall wird. Das merkt man oft erst nach ein paar Wochen der Planung, gibt dann auf, fängt bei null an und hat 2 Monate verloren. Wer hier gute Lösungen sucht, gibt in der größten Suchmaschine der Welt mal “Die besten Hauskonfiguratoren mit Preis” ein. Dann kann man nämlich nicht nur planen, sondern weiß auch, was so ein selbst zusammengestelltes Haus kostet. 

Florian Fischer: Haben dadurch auch die Bauunternehmen Effizienzgewinne?

Tobias Beuler: Absolut. Im Moment ist ja serielles bauen das Schlagwort, welches durch die Medien geht. Dabei ist das eigentlich ein alter Hut. Die Fertighausbranche baut so schon lange und gibt die Vorteile durch niedrigere Preise an die Bauherren weiter.

Florian Fischer: Dann ist also das Fertighaus das Haus der Zukunft?

Tobias Beuler: Nicht ganz. Das Fertighaus ist eher die Vorstufe der Zukunft des Hausbaus. Es gibt inzwischen einige Anbieter, die hier auf Modulhäuser setzen. 

Florian Fischer: Was ist der Unterschied zwischen Modulhaus und Fertighaus?

Tobias Beuler: Beide Bauweisen ermöglichen das Aufstellen des Hauses in 2-3 Tagen. Modulhäuser schaffen es sogar oft an einem Tag und sind dann wirklich fertig. Das Fertighaus ist zwar mehr als doppelt so schnell fertig wie ein Massivhaus, braucht aber auch noch mal drei Monate für den Innenausbau. Diese drei Monate fallen beim Modulhaus dann nicht mehr an. 

Da sind schon Estrich, Böden und Türen drin. Oft werden auch gleich die Möbel mitgeliefert. 

Florian Fischer: Dann spricht alles für die Modulhäuser als die Zukunft des Bauens?

Tobias Beuler: Noch nicht ganz. Viele Modulhäuser sind noch nicht ganz ausgereift. Man weiß noch nicht, ob die Dinger auch noch in 10, 20 oder 30 Jahren das halten, was sie heute versprechen. Bei Massiv- und Holzhäusern ist das schon anders. Die zweite kleine Einschränkung ist die Größe. Viele Anbieter denken noch zu klein, da sie ihre Wurzeln in der Tinyhaus-Branche haben. Aber es wird nicht mehr lange dauern, dann sehen wir auch 200 m2 Modulhäuser von renommierten Anbietern. 

Florian Fischer: Und was ist mit dem Thema Wärmepumpe?

Tobias Beuler: Die können durchaus einen großen Beitrag für unsere Zukunft leisten und sind fast schon Standard bei vielen Neubauten, vor allem in Fertighäusern. Schwieriger wird ihr Einsatz eher in Bestandsgebäuden, weil die Dämmung sehr schlecht ist. Die Wärmepumpen werden sicher ein Teil der Zukunft sein, aber noch nicht die ultimative Lösung, die auf einen Schlag die Energiewende löst. Aber: Es gibt auch hier tolle Lösungen, die gerade auf den Markt kommen. Zukünftige Bauherren sollten mal nach Wärmepumpe Invisible googlen. Dann finden Sie Hausanbieter, die mit Wärmepumpenherstellern kooperieren und aufzeigen, wie Bauherren einen zusätzlichen Raum gewinnen, weil man nicht mehr den klassischen Technikraum braucht. Gerade jetzt, wo das Bauen preislich angezogen hat, ist so ein eingesparter Raum, der ja auch 10 m2 frisst, ein Schritt in die richtige Richtung. 

Florian Fischer: Vielen Dank für das Gespräch.

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