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Verbot von Schottergärten

Inhaltsverzeichnis

Schottergärten schaden der Natur und verstoßen gegen geltendes Recht

Problematisch bei der Errichtung von Schottergärten ist unter anderem, dass die natürliche Bodenstruktur massiv verändert wird. Der Abtrag der lebendigen Humusschicht und die anschließende Versiegelung mit Steinen führen zur direkten Beseitigung der Artenvielfalt im Boden. Das Bodenleben wird so stark beeinträchtigt.
Auch flugunfähigen Insekten wird die Nahrungsquelle genommen. Blüten und Raupenfutterpflanzen fehlen vollständig. In der Folge finden auch Vögel, Reptilien und Amphibien keine Nahrung und keinen Unterschlupf mehr. Anfallende Niederschläge können nicht mehr ungehindert im Boden versickern, sondern fließen stattdessen oberirdisch ab und müssen über die Kanalisation entsorgt werden. Das verursacht Mehrbelastungen für die Gemeinden: zusätzliche Kosten für Regenwasserentsorgung und im Falle von Starkregenereignissen die Überlastung der Kanalisation bis hin zu Überflutungen von Straßen oder Kellern. Weiterhin wird durch die fehlende Versickerung die Grundwasserneubildung behindert und so der natürliche Wasserkreislauf gestört, was wiederum zu mehr Trockenheit führt. Die unter den Steinen ausgelegte Folie verstärkt diesen Effekt sogar noch. 

Statt schattenspendenden Pflanzen, die ebenso wie feuchter Boden ihre Umgebung durch verdunstendes Wasser abkühlen, heizen sich die Steinflächen auf bis zu 70 Grad auf. Sie speichern diese Wärme für viele Stunden und geben sie nur langsam an ihre Umgebung ab, die so zusätzlich aufgeheizt wird. Pflanzen hingegen filtern Staub und absorbieren Lärm, nehmen Kohlendioxyd auf und produzieren Sauerstoff. All diese gesundheitsfördernden Ökosystemleistungen können von Schottergärten nicht bedient werden.

Vor dem Hintergrund des Klimawandels und einhergehenden Lebensraumveränderungen für Flora und Fauna mit intensiveren und längeren Hitzeperioden und zunehmenden Starkregenereignissen erscheinen der durch Steingärten verursachte oberirdische Niederschlagsabfluss und die verstärkte Aufheizung lokal besonders problematisch.

Schottergärten - Lösungsmöglichkeiten für Hobbygärtner*innen

Oftmals werden Schottergärten aus Gründen der Zeit- und Kostenersparnis angelegt. Das ist jedoch ein Trugschluss, denn sie sind nach den ersten Jahren nur schwer zu pflegen: den Eintrag von Laub zu beseitigen, Algen und durchkrautende Pflanzen zu verhindern, ist selbst mit Unkrautvlies aufwändig und nur mit lauten und umweltschädlichen (Laubbläser, Gasbrenner) oder gar verbotenen (Herbiziden) Mitteln zu erreichen. Die Steine werden häufig importiert und sind in der Anlage kostspieliger als ein extensiv bepflanzter Garten, der schöner aussieht, artenreicher und klimawandelangepasst ist und weniger Arbeit in der Unterhaltung macht.
Es gibt einige Möglichkeiten aus dieser Fehlentscheidung noch das Beste zu machen. Neben dem Bepflanzen mit heimischen Stauden und Gehölzen kann auch das vorhandene Material weiter genutzt werden. Kosten für die Entsorgung entfallen so größtenteils.

Die beim Rückbau des Schottergartens anfallenden Steine können nach dem Entfernen des Unkrautvlieses zu Steingärten nach alpinem Vorbild umgestaltet werden, indem man Pflanzen einsetzt, die an steiniges Substrat angepasst sind. Ebenso können die Steine als Steinhaufen für Eidechsen und Insekten aufgeschichtet und so wiederverwendet werden. Auf der Informationsplattform „Gönn‘ dir Garten“ hat der NABU viele Informationen und nützliche Tipps für eine einheimische und umweltverträgliche Gartengestaltung zusammengetragen.

Nur wenn wir gemeinsam handeln, können wir uns in Zukunft wieder an mehr Tier- und Pflanzenarten in unseren Gärten erfreuen. Deshalb liegt es auch an uns, den unsäglichen Schottergartentrend zu stoppen und der Natur wieder mehr Raum im Garten zu geben. Frei nach dem Motto: „Tu‘ Gutes und sprich darüber!“ 

Schottergärten - Rechtliche Grundlage

Momentan ist viel Bewegung in der Debatte um die Rechtmäßigkeit von Schottergärten. Das 2020 in Baden-Württemberg in Kraft getretene Artenschutzgesetz enthält ein explizites Verbot neuer Schottergärten. Auch in Thüringen, dem Saarland, Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ist dies auf Landesebene in der Diskussion. Da Baurecht der kommunalen Selbstverwaltung unterliegt, findet die Umsetzung des Länderrechtes auf Kommunalebene statt. Viele Gemeinden in der gesamten Bundesrepublik haben in geltenden Bebauungsplänen bereits Schottergärten-Verbote aufgenommen (u. a. Bremen, Heilbronn, Xanten, Fulda, Speyer, …) beziehungsweise prüfen momentan eine solche Ausgestaltung (u. a. Dortmund, Hannover, Wiesbaden, Mainz,…).

Doch rein formal müssten sie das gar nicht, die Formulierungen in Baden-Württemberg und den genannten Kommunen entsprechen lediglich einer Klarstellung bereits geltenden Rechts. Denn die gesetzliche Grundlage bildet ein Paragraf in den Landesbauordnungen der Bundesländer, der die Beschaffenheit von „nicht überbauten Flächen überbauter Grundstücke“ regelt. Demnach sind die nicht überbauten Flächen erstens wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und zweitens zu begrünen oder zu bepflanzen, sofern dem keine anderen zulässigen Verwendungen entgegenstehen. Also wäre eine Versiegelung nur in einem „vertretbaren Rahmen“ rechtmäßig. Dazu kann man ein oder zwei Parkplätze zählen, aber keine Schottergärten. Dass Schottergärten dennoch angelegt werden, liegt an Unkenntnis und Personalmangel der Kontrollbehörden.

Schottergärten - Appell an Kommunen

Gemeinden müssen mit gutem Beispiel vorangehen und alle unnötig stark versiegelten Gemeindeflächen entsiegeln und wasseraufnahmefähig, begrünt, naturnah und insektenfreundlich umgestalten. Gegebenenfalls können dafür Förderungen von Bund und Ländern in Anspruch genommen werden. Mit Informationstafeln können Bürger*innen vor Ort über Gründe und Ziele der Umgestaltung informiert werden. Für den privaten Bereich sollten positive Anreize in Form von Beratung, finanzieller Förderung und Infoveranstaltungen geschaffen werden, um einen freiwilligen Verzicht auf Schottergärten anzuregen. Die Bürger*innen sollten über die negativen Folgen für Biodiversität, Wasserhaushalt und Mikroklima informiert werden und Hilfestellungen zur Schaffung von strukturreichen Gärten statt Schottergärten bekommen. Entsiegelungen können durch eine reduzierte Abwassergebühr belohnt werden. Zur Umsetzung sollten die Kommunen ihre Personalkapazitäten und das Budget für Klimaanpassung und Artenvielfalt erhöhen.

Mit gutem Beispiel voraus

Im Rahmen eines weiteren Projektes namens „Natur nah dran“ des NABU Landesverbandes Baden-Württemberg wurden in den letzten fünf Jahren in insgesamt 61 Gemeinden Flächen naturnah und artenreich umgestaltet. Der NABU war hierbei an der Beratung, Planung und Umsetzung direkt beteiligt.

Schottergärten - Empfehlung für Kommunen bezüglich Neuanlagen

Um mehr Klarheit bei der Umsetzung geltenden Rechts zu schaffen, empfiehlt der NABU den Kommunen die Verabschiedung einer kommunalen Satzung mit Verweis auf die jeweilige Landesbauordnung, in der die Bodenbeschaffenheit nicht überbauter Flächen zusätzlich definiert wird. Ein positives Beispiel ist das Begrünungsortsgesetz der Stadtgemeinde Bremen, in der die Verpflichtung zur Begrünung zusätzlich um Flachdächer ab 100 m² Größe erweitert wurde. 
In Erlangen hingegen steht eine Neufassung der Freiflächengestaltungssatzung an. Darin soll die Begrünung nicht überbauter Flächen einschl. Flachdächern um die vertikale Ebene erweitert werden: Fensterlose Fassaden und Einhausungen für Müllsammelplätze sind mit Kletterpflanzen zu begrünen. In einer Satzung können zugleich einheimische und klimaresistente Arten für Bepflanzungen definiert werden. 
Auch bei zukünftigen Bebauungsplänen sollte die Umsetzung von der Regelung der jeweiligen Landesbauordnung als Festsetzung aufgenommen werden, selbst die Verpflichtung von Anpflanzungen zur Förderung von Arten- und Klimaschutz über ein Pflanzgebot ist möglich.
Zudem kann die Ausstellung der Baugenehmigung an die Erfüllung der Freiflächengestaltung gemäß den Nebenbestimmungen geknüpft werden. 

Schottergärten - Empfehlung für Kommunen bezüglich bestehender Anlagen

Auch bestehende, materiell rechtswidrige Versiegelungen – sowohl Schottergärten als auch sonstige Versiegelungen, wie überdimensionierte Stellplatzflächen – müssen auf Anordnung wasserdurchlässig und begrünt beziehungsweise bepflanzt hergestellt werden. Das wurde unter anderem durch die Oberverwaltungsgerichte Thüringen und Berlin bestätigt. Auch in der Begründung des Gesetzes zur Änderung der Landesbauordnung Baden-Württemberg vom 21.05.2019 wurde klargestellt, dass der Gesetzestext gemäß §9 Abs. 1 LBO eine unangemessene Versiegelung unbebauter Grundstücksflächen in ausreichendem Maße untersagt – ohne, dass ein gesondertes Verbot von Schottergärten nötig wäre.
Die gesetzliche Verpflichtung kann über bauordnungsrechtliche Verfügungen durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde durchgesetzt werden.
Durch Schottergärten hervorgerufene stärkere Belastungen der Kanalisation könnten den Verursachern durch höhere Abwassergebühren in Rechnung gestellt werden.

(Autor: Stefan Petzold, Referent für Siedlungsentwicklung und Stadtnatur beim NABU Bundesverband)

NABU - Naturschutzbund Deutschland e.V.                                                                                              

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