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Wann hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht? Was es dabei zu beachten gilt

Inhaltsverzeichnis

Welche Arten von Vorkaufsrechten gibt es?

Dingliches Vorkaufsrecht

Das dingliche Vorkaufsrecht bezieht sich nur auf Grundstücke, auf denen keine bestehenden Gebäude existieren. Es wird in den Paragrafen 1094 bis 1104 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Ein geltendes Vorkaufsrecht wird dabei im Grundbuch eingetragen und hält die Aufgabe einer Vormerkung inne. So hat der Vorkaufsberechtigte auch bei einem abgeschlossenen Verkauf das Recht einer Übertragung dessen. Dies gilt auch, wenn der Erstkäufer schon in das Grundbuch eingetragen wurde. Grundsätzlich ist dieses Vorkaufsrecht nicht vererbbar, außer wenn es auf Wunsch im Grundbuch eingetragen wurde.

Schuldrechtliches Vorkaufrecht

Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht bezieht sich auf unbewegliche und bewegliche Sachen. Unbewegliche Sachen sind Grundstücke, während bewegliche Sachen alles außer Grundstücke sind, beispielsweise Häuser oder Eigentumswohnungen. Das Vorkaufsrecht wird nur durch einen Vertrag festgelegt und nicht im Grundbuch vermerkt. Bei einem Verkauf, bei dem der Vorkaufsberechtigte übergangen wird, kann dieser das Recht auf Übertragung also nicht geltend machen. Dafür hat er beim Verkäufer das Recht auf Schadensersatz.

Öffentlich-rechtliche Vorkaufsrecht

Bei diesem Vorkaufsrecht hält die Gemeinde die Position des Vorkaufsberechtigten inne. Es wird im Baugesetzbuch festgehalten, kann aber auch durch andere Gesetze, beispielsweise Naturschutz- oder Denkmalschutzgesetze bestimmt werden.

Hier finden Sie ausführlichere Informationen zu allen Vorkaufsrechten.

Warum gibt es das Vorkaufsrecht der Gemeinde?

Früher war das Vorkaufsrecht der Gemeinde auf öffentliche Bedarfszwecke beschränkt. Heute wurde dies verallgemeinert, da generell mehr Bauland bereitgestellt werden soll.

Wann besteht das Vorkaufsrecht einer Gemeinde?

Im Paragraf 24 des Baugesetzbuches (BauGB) ist das allgemeine Vorkaufsrecht beschrieben und ebenso die Fälle in denen es eintritt. Demnach hat die Gemeinde ein Vorkaufsrecht, wenn es sich um Flächen handelt, die:

  • für öffentliche Zwecke, wie Straßen oder Grünflächen oder für Maßnahmen zum Ausgleich nach Paragraf 1a Absatz 3 genutzt werden sollen.
  • in einem Umlegungsgebiet liegen.
  • in einem Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsgebiet liegen.
  • im Bereich einer Durchführungsmaßnahme oder eines Erhaltungsgebietes liegen.
  • im Flächennutzungsplan als Wohnbauflächen gekennzeichnet sind, im Außenbereich liegen und unbebaut sind.
  • aufgrund des Hochwasserschutzes freigehalten werden sollten.
  • einen städtebaulichen oder baulichen Missstand aufweisen und es dazu zu erheblichen Auswirkungen kommt.

In einigen der genannten Fälle gelten folgende Voraussetzungen, sodass das Vorkaufsrecht der Gemeinde rechtsgeltend ausgeführt werden kann:

  • Die Gemeinde muss den Flächennutzungsplan entsprechend aufgestellt, angepasst oder ergänzt haben. 
  • Sie muss einen Beschluss über die Pläne gefasst und bekannt gegeben haben.
  • Aus den Planungsarbeiten muss der zukünftige Nutzen ersichtlich sein.

Grundsätzlich gilt, dass die Gemeinde schon vor dem Vorliegen des Kaufvertrags genannte Voraussetzungen erfüllen muss, die ihr Vorkaufsrecht begründen.

Wann besteht das Vorkaufsrecht nicht?

Es gibt verschiedene Einschränkungen, aufgrund derer das Vorkaufsrecht der Gemeinde nicht umgesetzt werden kann.

Paragraf 24 III des BauGBs beschreibt die wichtigste Voraussetzung für das Vorkaufsrecht der Gemeinde und besagt:

Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

Im Paragraf 26 des BauGBs sind bestimmte Fälle beschrieben, die die Nutzung des Vorkaufsrechts ausschließen:

  • Das Grundstück wird zwischen Verwandten, Ehegatten oder Ähnliches verkauft.
  • Das Grundstück wird von religiösen Einrichtungen zum Zweck des Gottesdienstes oder der Seelsorge gekauft.
  • Das Grundstück wird zum Zweck der Landesverteidigung oder Ähnliches gekauft.

Tritt ein Vorkaufsrecht schließlich in Kraft, kann es dennoch auf verschiedene Art und Weisen abgewendet werden. Diese Regelungen sind im Paragraf 27 des Baugesetzbuches geregelt. Mögliche Abwendungsbefugnisse sind:

  • Plant der Käufer eines Grundstücks dieselbe baurechtliche Verwendung für das Grundstück, wie die Gemeinde es vorgesehen hat und erfüllt dabei alle Vorschriften, kann das Vorkaufsrecht abgewendet werden.
  • Der Käufer kann das Vorkaufsrecht abwenden, wenn er die vorhandenen Mängel und Missstände innerhalb einer bestimmten Frist beseitigt. Die Frist kann begründet verlängert werden.

Diese Regelungen bestehen, da es rechtlich keinen Unterschied machen würde, ob der Käufer oder die Gemeinde die genannten Planungen durchführen würde. So bleibt dem Käufer sein Kauf erhalten.

Grundsätzlich kommt es bei der Umsetzung des Vorkaufsrechts zu einem erheblichen Eingriff in die Vertragsfreiheit zwischen dem Verkäufer und Käufer, da der geplante Nutzen für das Grundstück offengelegt werden muss, um weitere Handlungsentscheidungen treffen zu können.
 

Was passiert, wenn die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht geltend gemacht hat?

Die Gemeinde hat ebenso wie der Käufer die Pflicht, die Vertragsbedingungen zu erfüllen, das heißt, den entsprechenden Betrag zu zahlen, sodass der Verkäufer keinen Nachteil aus dem Vorkaufsrecht ziehen kann. Jedoch hat die Gemeinde die Wahlmöglichkeit: Überschreitet der Verkaufspreis erheblich den jeweiligen Verkehrswert, kann sie die Möglichkeit nutzen, nur diesen zu zahlen. Der Verkäufer hat in dieser Situation die Möglichkeit, den Vertrag zurückzuziehen. 

Praxisbeispiel

Anhand eines Praxisbeispiels können mögliche Folgen beschrieben werden, die sich aus den Regelungen rund um das Vorkaufsrecht ergeben:

Käufer K unterschreibt den Kaufvertrag mit Verkäufer V. K will auf dem Grundstück Eigentumswohnungen bauen. Gemeinde G bekommt den Kaufvertrag vorgelegt und nimmt ihr Vorkaufsrecht in Anspruch, da die Eigentumswohnungen nicht der geplanten Verwendung entsprechen. Käufer K kann vom Kaufvertrag zurücktreten oder auf seine Eigentumswohnungen verzichten und die für das Grundstück geplante Verwendung umsetzen. Da er dies nicht möchte, verzichtet er. Die Gemeinde wollte beim Gebrauch ihres Vorkaufsrechts währenddessen eigentlich nur die unkorrekte Nutzung verhindern, jedoch kein Geld ausgeben. Sie ist dazu verpflichtet, den Kaufvertrag zu denselben Bedingungen wie der Käufer K zu erfüllen. In dieser Situation nimmt sie jedoch von ihrem Wahlrecht Gebrauch und behauptet, dass der zwischen K und V vereinbarte Grundstückswert den Verkehrswert deutlich übersteigt. Der Verkäufer V kann seinen Kaufvertrag zurückziehen oder sein Grundstück deutlich unter seinem Wert an die Gemeinde verkaufen. Daraus ergibt sich wiederum die Frage, wie hoch der Verkehrswert ist und ob die Gemeinde überhaupt von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen kann, ob der Verkehrswert also den Verkaufswert „erheblich“ übersteigt.

Wann und woher können Informationen über ein mögliches Vorkaufsrecht eingesehen werden?

Meist erfolgt die Kenntnisgabe erst aufgrund eines Nachfragens bei der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags. Der jeweilige Notar muss in jedem Fall eine Vorkaufsrechtsanfrage bei der jeweiligen Gemeinde durchführen, bei der nötige Informationen über das Thema offengelegt werden. 

Eine andere Möglichkeit besteht in der Einsicht der Gemeindesatzung, aus der vorhandene Vorkaufsrechte herausgelesen werden können. 

Kann ein Vorkaufsrecht einer Gemeinde aufgelöst werden?

Eine Auflassung eines Vorkaufsrechts einer Gemeinde ist nur durch den Verzicht möglich. Hat die Gemeinde dieser zugestimmt oder ein Nichtbestehen klar gestellt, wird dies im Grundbuch vermerkt und das Grundstück ist vom Vorkaufsrecht ausgenommen.

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