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Flachdachsicherung gegen Absturz: frühzeitige Planung spart Kosten

Inhaltsverzeichnis

Wer zum Nachrüsten gezwungen ist, hat eventuell die Möglichkeit versäumt, die sicherste und kosteneffizienteste Absturzsicherungsmaßnahme für sein Gebäude zu wählen. Wer dagegen frühzeitig plant, spart nicht nur Zusatzkosten, sondern auch Beanstandungen durch das Bauamt und die Gebäudeversicherung. Und schützt sich davor, dass Dienstleister wie der Schornsteinfeger einen Arbeitsauftrag ablehnen, weil die vorgeschriebenen Sicherungsmaßnahmen nicht vorhanden sind.

Grundsatz der Absturzsicherung: Kollektivschutz geht vor

Grundsätzlich sollten Arbeiten in absturzgefährdeten Bereichen vermieden werden. Im Gebäudemanagement lässt sich dieser Grundsatz jedoch nicht immer verfolgen, beispielsweise wenn es um den Blitzschutz, die Wartung von Solarmodulen oder Reparaturen an Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) geht (Stichwort: Brandschutz). Auf Flachdächern stehen zudem regelmäßige Dichtigkeitsprüfungen und die Kontrolle der Regenabläufe und Notentwässerung an. Auch eine Dachbegrünung muss regelmäßig gepflegt werden. Bei der Flachdachsicherung ist das effizienteste Mittel der Sicherung der sogenannte Kollektivschutz, etwa die Sicherung mit einem umlaufenden Geländer.

Der Vorteil der kollektiven Absturzsicherung mit einem Geländer: Personen, die aufs Dach gehen, müssen weder in der Verwendung des Geländers unterwiesen sein, noch sind sie auf die Nutzung einer persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz (kurz: PSAgA) angewiesen. Doch es gibt auch Nachteile: Ein Geländer kann zum Beispiel die ästhetische Wirkung der Architektur beeinflussen. Zudem ist ein Geländer bei Arbeiten an der Attika und Dachkante manchmal eher hinderlich, etwa bei der Reinigung der Entwässerungsanlage oder bei der Wartung der Blitzschutzanlage.

Bei Absturz- oder Durchsturzgefahr: Anschlageinrichtungen mit System

Als Alternative zum (Schutz-)Geländer empfehlen sich unterbrechungsfreie, voll überfahrbare Anschlageinrichtungen wie Seilsicherungssysteme oder Schienensysteme. Mit ihnen lassen sich Arbeitswege entlang der Gefahrenzonen (Absturzgefahr oder Durchsturzgefahr) unterbrechungsfrei über nahezu unbegrenzte Distanzen sichern. Die Anschaffungskosten einer solchen permanent verbauten Absturzsicherung liegen in der Regel unter denen für ein Geländer und eine Seilführung bietet zudem ein Höchstmaß an Flexibilität, wodurch die Anschlageinrichtung genau in die Architektur eingefügt werden kann.

Mit Blick auf die baulichen Gegebenheiten lassen sich auch verschiedene Absturzsicherungen wie Sekuranten (Einzelanschlagpunkte), Seilsicherungssysteme, Schutzgeländer, Lichtkuppelsicherungen und weitere Sicherungsmaßnahmen kombinieren. Welches System für welche Situation am besten geeignet ist, wird in der DGUV Information 201-056 (vormals BGI 5164) mit dem Titel „Planungsgrundlagen von Anschlageinrichtungen auf Dächern“ beschrieben. Hier sind vier Ausstattungsklassen definiert:

  • Klasse 1 – Einzelanschlagpunkte
  • Klasse 2 – festinstallierte Seil- oder Schienensicherungssysteme mit überfahrbaren Zwischenhaltern
  • Klasse 3 – umlaufender Seitenschutz (zum Beispiel Geländer)
  • Klasse 4 – Planung gemäß Vorschriften für öffentlichen Raum

Die Wahl der Ausstattungsklasse hängt davon ab, wie häufig eine bestimmte Personengruppe die Dachfläche beziehungsweise den Gefahrenbereich betritt. Erfahrene Dienstleister kennen sich hier aus und stehen gerne beratend zur Seite.

Profi-Montage: gemäß bauaufsichtlicher Zulassung

Bei der Planung und der Montage sollten Sie sich als Bauherr oder Gebäudeeigner einen erfahrenen Partner suchen. Denn damit die jeweilige Anschlageinrichtung auch genutzt werden darf und nicht gesperrt wird, benötigt sie einen Verwendbarkeitsnachweis. Konkret meint dies eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) oder eine Europäische Technische Bewertung (ETA). Beide Zulassungen werden durch das DIBt (Deutsches Institut für Bautechnik) vergeben. Damit das System auch langfristig sicher benutzt werden kann, müssen die Produkte zudem fachgerecht geplant und montiert sein.

Aber Vorsicht: Der Zulassungsbescheid beschränkt sich nicht auf die Produktmerkmale des gewählten Seilsicherungssystems oder Sekuranten, sondern beinhaltet – gemäß der allgemeinen Bauartgenehmigung (aBG) – auch die genau vorgeschriebene Montagevarianten auf bestimmten Untergründen. Einfach gesagt bedeutet dies: Ist die Anschlageinrichtung nicht korrekt verbaut, darf sie nicht verwendet werden, da sie ein Sicherheitsrisiko darstellen kann. Bei einem komplexen Seilsystem kann eine falsch eingebaute Komponente schlimmstenfalls sogar zur Sperrung des gesamten Systems führen. Eine unsachgemäße Montage ist nicht nur ärgerlich für den Eigentümer, sondern völlig überflüssig, weil für jeden Dachtyp und jeden Untergrund (Beton, Profilbleche, Holz, Stahl, Dachbegrünung etc.) passende Anschlageinrichtungen mit bauaufsichtlicher Zulassung verfügbar sind.

Sicher gehen: Dokumentation und Prüfung der Anschlageinrichtung

Ein professionell installiertes System, das im vorgeschriebenen Turnus mindestens einmal in 12 Monaten geprüft und entsprechend gekennzeichnet wird, kann problemlos dauerhaft betrieben werden. Zudem ist die regelmäßig nachgewiesene Überprüfung wichtig bei Haftungsfragen im Kontext der Unfallversicherung. Grundlage für die erste Zulassung beziehungsweise Abnahme durch den Bauherrn/Gebäudeeigner ist eine vollständige Montagedokumentation (gemäß DGUV Information 201-056).

Die Dokumentation ist zugleich Basis für eine reibungslose Durchführung der späteren Überprüfungen. Denn die Montagedokumentation der Anschlageinrichtung enthält Angaben zur Einbauart und Fotos von der Einbausituation. Fehlen diese Informationen, wird die Überprüfung deutlich aufwendiger – denn oftmals ist die Befestigung am Gebäude nicht mehr einsehbar, weil sie unter der Dämmschicht oder Dachbegrünung liegt. Die Kosten steigen und schlimmstenfalls ist eine Dachöffnung und der komplette Austausch der verbauten Einrichtung notwendig. Doch auch wenn der Überprüfungsrhythmus eingehalten wird, können besondere Ereignisse dazu führen, dass die Anschlageinrichtung außerhalb des normalen Intervalls geprüft werden muss: etwa nach einem Absturzunfall, nach nicht bestimmungsgemäßer Nutzung oder nach einem Blitzeinschlag.

Regelmäßige Überprüfung per Wartungsvertrag

Auch jede Überprüfung – die nur durch einen Sachkundigen durchgeführt werden darf – und erforderliche Wartungen müssen dokumentiert werden. Zusätzlich wird das System mit einem gültigen Prüfsiegel versehen, das als Nachweis der Freigabe für die weitere Nutzung dient. Spezialisierte Dienstleister bieten die Planung, Montage, Dokumentation und Wartung von Anschlageinrichtungen aus einer Hand an. Das senkt gegebenenfalls Kosten, vereinfacht in jedem Fall aber den Prozess für den Gebäudeeigner.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass Bauprodukte aus Edelstahl und Aluminium für den dauerhaften Verbleib unter freien Himmel am besten geeignet sind. Von der oftmals schlanken Ausführung der Stützen moderner Sekuranten und Seilsicherungssysteme sollten Sie sich zudem nicht abschrecken lassen. Sie dienen der Kraftminderung, wenn ein Mensch durch das System aufgefangen wird, und müssen sich entsprechend verformen können, um die Krafteinwirkung auf die Befestigung der Anschlageinrichtung zum Untergrund bestmöglich abzuleiten.

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