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Wohnen im Containerhaus – Neue Wohnformen, Folge 1

Inhaltsverzeichnis

Containerhaus: Ein Trend, der sich rasant entwickelt

Angespannter Wohnungsmarkt, exorbitant gestiegene Grundstückspreise, zunehmende Individualisierung und Singularisierung sowie hohe Mobilitätserwartung sind die bestimmenden Gründe für den Trend zum eigenen, kleinen aber feinen Heim. Da scheint ein zum Wohnraum um- und ausgebauter Container die ideale Lösung zu sein: kostet nicht viel, kann man fast überall hinstellen, und wenn es nötig ist, auf den Tieflader damit und ab an den nächsten Standort. Und bei Bedarf stellt man einen oder zwei Container im Sinne einer modularen Bauweise daneben.

Was ist Wirklichkeit und was erweist sich als Illusion beim Wohnen im Containerhaus? Das soll hier geklärt werden.

Wohncontainer ist nicht gleich Wohncontainer – die Unterschiede

Zunächst einmal ist festzustellen, dass es eine einheitliche Sprachregelung für „Wohncontainer“ nicht gibt. Damit können gemeint sein:

  • Um- und ausgebaute Original-Frachtcontainer
  • Baustellen-Wohncontainer mit anderen Maßen als den standardisierten der Frachtcontainer
  • Den Containern in Form und Abmessungen ähnliche Wohneinheiten zum Teil mit Premium-Ausstattungen
  • Wohneinheiten, für die der Container-Begriff nur als Synonym verwendet wird z.B. für kompaktes Wohnen in speziell dafür hergestellten und frei gestalteten Modulen. 

Es zeigt sich also, dass recht schnell der Trend zum „Downsizing-Wohnen“ in unterschiedlichster Weise aufgegriffen wurde und mittlerweile zahlreiche Hersteller vielfältige Lösungen anbieten.

Allen Vorstellungen vom Containerwohnen aber ist gemeinsam: Sie sollten von jedem ernsthaft Interessierten als Projekt aufgefasst werden, das reiflicher Überlegung, realistischer Planung und möglicherweise etwas mehr Geld bedarf, als die Idee vom „billigen Bauen“ zunächst versprochen hat.

Damit geht’s los: Die Zielvorstellung des Containerhauses

Wenn Sie sich im Internet schon mal umgesehen haben, was es alles an Ideen zum Containerwohnen gibt, haben Sie vielleicht schon eine Vorstellung, in welche Richtung es gehen soll:

  • Kauf eines neuen (oder gebrauchten) Fracht-Containers zum Selbstausbau, sofern Sie passionierter Do-it-Yourselfer sind und unter anderem virtuos mit Schneidbrenner und Schweißgerät umgehen können. Dann sollten Sie mit einem Architekten oder Bauingenieur zusammenarbeiten, der etwas von Statik versteht. Denn sobald Sie die Fensteröffnungen ausschneiden, greifen Sie in die Statik des Containers ein. Außerdem kann Ihnen der Fachmann wertvolle Tipps zur energetischen Dämmung geben.
  • Kauf schlüsselfertig ausgestatteter Wohncontainer hinsichtlich energetischer Dämmung (EnEV-konform) sowie Anschlüsse für Wasser- und Energieversorgung inklusive -verteilung. Dazu eventuell fertig eingerichtete Küchen- und Sanitär-Compartments. Hier bieten viele Hersteller auch ein Mitspracherecht des Käufers. 
  • Kauf von ebenfalls schlüsselfertig ausgestatteten Baustellen-Wohncontainern, die jedoch in der Regel bezüglich der Außenoptik recht sachlich gestaltet und spartanisch ausgestattet sind. Sie sind eher für den zeitlich begrenzten Aufenthalt gedacht. Container dieser Bauart verfügen über ein Stahlskelett und bestehen nicht aus einem umgebauten Frachtcontainer. Dennoch sind die Abmessungen ähnlich, da sie wie die Frachtcontainer auf den gleichen Lkw transportiert werden.

Der zweite Schritt: Die Baugenehmigung des Containerhauses

Leider ist es in Deutschland nicht ohne weiteres möglich, irgendwo einen Wohncontainer hinzustellen, auch wenn es sich dabei um den eigenen Grund und Boden handelt. Die örtlichen Bauvorschriften sind dem übergeordnet. 

Deshalb brauchen Sie in jedem Fall eine Baugenehmigung. Und da es sich bei Wohncontainern nach wie vor um einen Sonderfall handelt, ist eine Bauvoranfrage dringend angeraten. Es kann nämlich sein, dass solche „Wohnbehälter“ grundsätzlich nicht erlaubt sind oder nur für einen zeitlich begrenzten Zeitraum beispielsweise als Unterkunft für Bauarbeiter oder Geflüchtete.

Etwas fortschrittlichere Behörden haben den Trend der Zeit erkannt und tolerieren diese neue Wohnform oder weisen aufgrund des hohen Wohnungsbedarfs sogar eigens Baugebiete aus, wo neue Wohnformen wie das Containerwohnen ermöglicht werden. 

Die Bauvoranfrage klärt also zunächst die grundsätzliche Zulässigkeit Ihres Bauvorhabens. Erst anhand Ihres Bauantrags wird die Bauaufsichtsbehörde endgültig entscheiden, ob Sie mit Ihrem Wohnprojekt starten können. Dafür benötigen Sie detaillierte Pläne über die gesamte Realisierung, d.h. Ausführung und Tragfähigkeit der Gründung (z.B. Betonplatte) Grundrisse, Container-Anordnung (wenn es mehr als einer ist), Anschlüsse für Energie- und Wasserversorgung, Abwasser-Entsorgungsanschlüsse.

Solche bisher noch eher seltenen Bauanträge unterliegen oft Änderungswünschen seitens der Behörde, so dass sich das Genehmigungsverfahren hinziehen kann. Aber als echtem Trend-Pionier sollte Ihnen die Ausdauer selbstverständlich sein.

Hilfreich ist in jedem Fall auch hier die Zusammenarbeit mit einem Architekten, der Sie entweder – wie oben erwähnt – beim Selbstausbau in Sachen Statik berät oder bei der Auswahl eines schlüsselfertigen Wohncontainers, vor allem sie unterstützt, wenn nach Vorlage der Pläne bei der Bauaufsichtsbehörde der Hersteller die Pläne modifizieren muss.

Der dritte Schritt: Die Projektrealisierung des Containerhauses

Wenn der Bauantrag genehmigt ist, gilt es zunächst, ein stabiles Fundament zu schaffen. Das ist in der Regel eine solide Betonplatte (deren Pläne Sie im Rahmen des Bauantrags mit vorlegen mussten). Damit können Sie eine Baufirma beauftragen oder, sofern Sie das nötige Know-how haben, Sie gießen das Fundament selbst. 

Danach gibt es zwei Möglichkeiten: 
    
1. Sie warten untätig und mehr oder weniger geduldig auf den Lkw mit ihrem fertigen Wohncontainer, den Sie bei einem Hersteller bestellt haben. Ob Sie für das Absetzen auf der Betonplatte extra einen entsprechend leistungsfähigen Autokran ordern müssen, klären Sie vorher natürlich ab. 
    
2. Sie kaufen einen ISO-Frachtcontainer wie in der Baugenehmigung angegeben, lassen ihn auf der Platte absetzen und machen sich ans Werk, am besten unter der Bauleitung Ihres Architekten oder Bauingenieurs wie schon beschrieben:

  • Herausschneiden der Fensteröffnungen
  • Entfernen der standardmäßigen Doppel-Flügeltür an der Stirnseite und Einbau einer neuen Haustür
  • Rundum-Dämmung – also auch Dach und Fußboden
  • Einbau der Leitungen und Außenanschlüsse für Elektro, Wasser, Sanitär und ggf. Gas 
  • Einbau einer wirksamen Heizungslösung

Was kostet die Ausstattung eines Wohncontainers ungefähr?

Der Preis für einen „nackten“  Seecontainer zum Selbstausbau richtet sich nach der Größe, der Marktnachfrage und der Stahlpreisentwicklung, die temporär stark schwanken kann. Daher sind folgende Preise nur als Anhaltspunkte zu verstehen. Auch sollten Sie bei einem „Gebrauchten“ eher einen sehr gut erhaltenen kaufen, sonst gibt es viel Arbeit mit der Rostentfernung und Ausbesserung von Transportschäden.

Zustand neu sehr gut erhalten gut erhalten ohne Seetransport-Zertifizierung*
Container-Typ        
20 Fuß 2.500 Euro 1.900 Euro 850 Euro 600 Euro
40 Fuß 4.800 Euro 4.350 Euro 1.500 Euro

1.000 Euro

*    Wind- und wasserfest, für landgebundene Lagerhaltung geeignet

Rechnen Sie bei einer mittleren Ausführung, die allen behördlichen Bau- und Energiespar-Vorgaben entsprechen und damit genehmigungsfähig sind, mit Quadratmeterpreisen von um die 1.000 Euro, auch wenn Sie viel Eigenleistung erbringen. Bei einem 40-Fuß-Container mit einer Innengrundfläche von 28,37 qm kommen Sie demnach auf rund 30.000 Euro.

Ein fix und fertig ausgestattetes Containermodul vom Hersteller kostet Sie locker das Doppelte – also ab 60.000 Euro – und in Luxusausstattung bis zu 150.000 Euro. Dafür haben Sie auch keinen Stress. Wenn es Ihnen das wert ist …?

In diesen Kostenangaben sind die Nebenkosten wie Bauamtsgebühren, Architektenhonorar und Autokran-Miete nicht enthalten, beim Selbstausbau die Anlieferung des Frachtcontainers. Sie sehen: Auch ein Wohncontainer ist nicht „für’n Appel und’n Ei“ zu haben – aber immer noch deutlich preiswerter als ein herkömmliches Haus. Berechnungen von Fachleuten haben ergeben, dass auf den Quadratmeter bezogen, der Wohncontainer etwa ein Drittel preiswerter ist. 

Noch Fragen? – Wie ist das mit der modularen Erweiterung und der Mobilität von Wohncontainern?

Grundsätzlich können Sie jederzeit eine modulare Erweiterung vornehmen, sofern Sie die gleichen Prozeduren mit Bauantrag und -genehmigung und anschließender Realisierung durchziehen wie beim ersten Mal. Zu empfehlen ist allerdings, schon in der ersten Planungsphase eine eventuelle Erweiterung in Betracht zu ziehen und mit der Baubehörde zu diskutieren. Denkbar ist, gleich alles zu planen und genehmigen zu lassen und dann nach und nach zu realisieren innerhalb des Zeitraums, den Ihnen die Baubehörde einräumt. 

Wenn Ihre Wohncontainer den Maßen von ISO Frachtcontainern entsprechen, werden Sie feststellen, dass die Container wegen der gleichen Breite zwar gut zusammenpassen, insbesondere beim Stapeln. Jedoch zeigt sich beim Zusammenstellen und Kombinieren von Containern unterschiedlicher Länge ein eher zerklüftetes Bild, da die längeren Maße nicht einem Vielfachen (in ganzen Zahlen) der kleineren entsprechen.  Es wird also nicht möglich sein, unterschiedliche Containergrößen so zusammenzustellen, dass sich rundum fluchtende Fassaden ohne Toträume ergeben.

Was die Mobilität betrifft, wird Sie niemand daran hindern können, Ihren bisherigen Standort mitsamt Wohncontainer zu verlassen. Voraussetzung ist natürlich, dass sie Ihre Box so geplant haben, dass Sie quasi nur die Stecker ziehen und die Verankerungen zur Betonplatte lösen müssen, damit Sie das Haus auf einen Tieflader oder Container-Lkw hieven lassen können.

Lesen Sie auch:
Neue Wohnformen, Folge 2: Tiny House
Neue Wohnformen, Folge 3: Modulhaus
Neue Wohnformen, Folge 4: 3D-Drucker-Haus

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