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Bebauungsmöglichkeiten im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans

Inhaltsverzeichnis

Wie unterscheidet sich der vorhabenbezogene Bebauungsplan von anderen Bebauungsplänen?

Drei Arten von Bebauungsplänen sind in § 30 BauGB definiert:

  • der qualifizierte Bebauungsplan (§ 30 Abs. 1 BauGB),
  • der vorhabenbezogene Bebauungsplan (§ 30 Abs. 2 BauGB) und
  • der einfache Bebauungsplan (§ 30 Abs. 3 BauGB).

In unserer Serie haben wir bereits zwei der drei Arten vorgestellt: zum einen den qualifizierten Bebauungsplan , der bestimmte Mindestvorgaben beinhalten muss – zu Art und Maß der baulichen Nutzung, zu den überbaubaren Grundstücksflächen und zu örtlichen Verkehrsflächen –, zum anderen den einfachen Bebauungsplan , der so bezeichnet wird, weil er wenigstens eine dieser Vorgaben nicht enthält.

Zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan trifft § 30 Abs. 2 BauGB folgende Regelung:

Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

Der vorhabenbezogene Bebauungsplan ist also in einem gesonderten Paragraphen des Baugesetzbuches geregelt, in den wir sogleich einen Blick werfen werden. § 30 Abs. 2 BauGB schreibt lediglich vor, dass ein Bauvorhaben im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans dann zulässig ist, wenn es den Vorgaben des Bebauungsplans entspricht und seine Erschließung gewährleistet ist (ebenso wie es beim qualifizierten Bebauungsplan der Fall ist).

Detaillierte Bestimmungen zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan enthält der § 12 BauGB, in dem Folgendes festgelegt ist:

Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). […]

Der maßgebliche Unterschied zwischen dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan und anderen Bebauungsplänen ist also, dass er nur dann zustande kommen kann, wenn sich ein Investor und die Gemeinde über ein Vorhaben einig sind. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan besteht aus drei Elementen:

  • dem vom Vorhabenträger (Investor) ausgearbeiteten Vorhaben- und Erschließungsplan (sogenannter V- und E-Plan),
  • dem Durchführungsvertrag zwischen Gemeinde und Vorhabenträger sowie
  • dem Beschluss der Bebauungsplan-Satzung durch die Gemeinde.

Zudem ist der vorhabenbezogene Bebauungsplan inhaltlich nicht an die Festsetzungen des § 9 BauGB gebunden (§ 12 Abs. 3 BauGB). Die Gemeinde kann also beispielweise detaillierte Bestimmungen für das Bauvorhaben treffen, als sie es im Rahmen eines qualifizierten Bebauungsplans könnte.

Der vorhabenbezogene Bebauungsplan bietet zwei große Vorteile gegenüber den anderen Bebauungsplänen: einerseits eine Zeitersparnis für den Investor, andererseits eine Kostenersparnis für die Gemeinde. Was das im konkreten Fall bedeutet, soll das nachfolgende Beispiel verdeutlichen.

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Beispiel für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan

Am Ortsrand von Sommerhausen hat die Firma Meier ein geeignetes Grundstück für die Errichtung ihrer neuen Betonmischanlage gefunden. Es liegt im Außenbereich der Gemeinde Sommerhausen, für den noch kein Bebauungsplan existiert. Auf Nachfrage der Firma teilt die Gemeinde mit, dass sie dem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüberstehe; die Aufstellung eines Bebauungsplans würde allerdings mindestens ein Jahr dauern und zudem seien die finanziellen Mittel für den Bau der erforderlichen Leitungen beschränkt. Daraufhin legt die Firma Meier der Gemeinde einen Plan vor, der die geplante Anlage detailliert beschreibt: Nutzungsart, Größe der Baukörper sowie ihre Lage auf dem Grundstück. Darüber hinaus verpflichtet sich das Unternehmen in einem Durchführungsvertrag, die Anlage innerhalb eines Jahres zu errichten und die Kosten für die erforderlichen Leitungen sowie die Erschließung des Grundstücks vollständig zu übernehmen. Nach dem üblichen Aufstellungsverfahren beschließt die Gemeinde den Vorhaben- und Erschließungsplan als Satzung, womit der vorhabenbezogene Bebauungsplan gültig wird und die Baugenehmigung für das Vorhaben erteilt werden muss.

Ist sich die Gemeinde mit einem Investor über ein Bauvorhaben einig, ist der vorhabenbezogene Bebauungsplan also das beste Mittel, um möglichst schnell Baurecht zu schaffen. Zum einen entfällt die Planungsphase im Aufstellungsverfahren, da der fertige Vorhaben- und Erschließungsplan (V- und E-Plan) bereits vom Investor vorgelegt werden muss, um das Aufstellungsverfahren in Gang zu setzen. Zum anderen bekommt der V- und E-Plan mit dem Satzungsbeschluss der Gemeinde Planreife und die Baugenehmigung ist zu erteilen. Der Weg ist also deutlich kürzer als beim üblichen Aufstellungsverfahren  und der daran anschließenden Erteilung der Baugenehmigung.

Die Rechtsgrundlage für die Erteilung der Baugenehmigung ist mit dem Beschluss des vorhabenbezogenen Bebauungsplans dieselbe wie beim qualifizierten Bebauungsplan: Ein Vorhaben ist dann zulässig, wenn es die Anforderungen des Bebauungsplans erfüllt und die Erschließung gesichert ist (§ 30 Abs. 2 BauGB).

Anforderungen an den Vorhaben- und Erschließungsplan

Die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beginnt mit der Vorlage eines Vorhaben- und Erschließungsplans durch den Vorhabenträger bei der Gemeinde. Dieser sogenannte V- und E-Plan umfasst die Zeichnung und Erläuterung der vorgesehenen baulichen Anlagen. Der V- und E-Plan muss alle Anforderungen eines üblichen Bebauungsplans nach §§ 1 und 2 BauGB erfüllen. Das bedeutet, er muss unter anderem: 

  • für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich sein (§ 1 Abs. 3 BauGB),
  • den Zielen der Raumordnung angepasst werden (§ 1 Abs. 4 BauGB),
  • die öffentlichen Belange beachten und diese untereinander abwägen (§ 1 Abs. 6 und 7 BauGB)
  • mit den benachbarten Gemeinden abgestimmt werden (§ 2 Abs. 2 BauGB),
  • aus dem Flächennutzungsplan entwickelt werden, wobei Ausnahmen nach § 8 Abs. 2–4 BauGB möglich sind.

Auch für den Vorhaben- und Erschließungsplan gelten die Verfahrensvorschriften zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach §§ 2 ff. des BauGB.

Besonderheit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans: Der Durchführungsvertrag

Der sogenannte Durchführungsvertrag ist ein zwingender Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Er muss spätestens bis zum Satzungsbeschluss des Bebauungsplans zwischen dem Vorhabenträger und der Gemeinde abgeschlossen werden. Im Durchführungsvertrag verpflichtet sich der Vorhabenträger:

  • zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist sowie
  • zur (teilweisen oder vollständigen) Übernahme der Planungs- und Erschließungskosten.

Für den Fall, dass der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht fristgemäß realisiert wird, sieht § 12 Abs. 6 BauGB vor, dass die Gemeinde den Bebauungsplan wieder aufheben soll – sie ist allerdings nicht dazu verpflichtet. Zudem ist nach § 12 Abs. 5 BauGB mit Zustimmung der Gemeinde ein Wechsel des Vorhabenträgers möglich.

In der Regel übernimmt der Investor die gesamten Planungs- und Erschließungskosten.

Qualifizierte/einfache und vorhabenbezogene Bebauungspläne im Vergleich

Die wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen qualifizierten/einfachen und vorhabenbezogenen Bebauungsplänen sind zur besseren Übersicht nachfolgend nochmals in einer Tabelle dargestellt:

  Qualifizierter/Einfacher Bebauungsplan Vorhabenbezogener Bebauungsplan
Anforderungen Ist an die inhaltlichen Festsetzungen nach § 9 BauGB gebunden. Ist nicht an die inhaltlichen Festsetzungen nach § 9 BauGB gebunden.
Inhaltliche Festsetzungen Ist an die inhaltlichen Festsetzungen nach § 9 BauGB gebunden. Ist nicht an die inhaltlichen Festsetzungen nach § 9 BauGB gebunden.
Planaufstellung Planaufstellung    Durchläuft die Verfahrensschritte nach §§ 2 ff. BauGB; das Aufstellungsverfahren kann prinzipiell von jedem angestoßen werden. Durchläuft die Verfahrensschritte nach §§ 2 ff. BauGB; das Aufstellungsverfahren wird durch einen mit der Gemeinde abgestimmten Vorhaben- und Erschließungsplan des Vorhabenträgers in Gang gesetzt.
Baugenehmigung Die Baugenehmigung wird in einem gesonderten Verfahren beantragt. Mit dem Beschluss des Bebauungsplans ist die Baugenehmigung zu erteilen.

 

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