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Mängelrüge - Wie ist die Rechtslage für Bauherren?

Inhaltsverzeichnis
Hinweis: Hier erhalten Sie keine Rechtsberatung, weil das unzulässig wäre. Viel mehr geht es darum, dass Sie sich als Bauherr einen ersten Überblick über die Rechtslage verschaffen können, wenn Ihrer Meinung nach ein Baumangel vorliegt. Sollten Sie einen solchen im Verlauf der Planung und Realisierung Ihres Bauvorhabens feststellen, ist die Beratung durch einen Fachanwalt oder einen Bausachverständigen stets zu empfehlen.

Mängelrüge: Der Unterschied zwischen Bauträgergesellschaft und Generalunternehmer

Wahrscheinlich haben Sie sich schon im Vorfeld überlegt, ob es eine schicke Neubau-Eigentumswohnung sein soll oder ob Sie ein Eigenheim bauen lassen wollen, weil Sie schon über das Grundstück verfügen.

In beiden Fällen müssen Sie Kaufverträge unterschreiben und darauf achten, ob die Verträge nach BGB-Recht oder VOB-Recht verfasst sind, da es bspw. Unterschiede bei den Gewährleistungsfristen gibt: 

  • entweder mit der Bauträgergesellschaft, von der Sie die Eigentumswohnung kaufen. Diese übernimmt alle erforderlichen Maßnahmen für die Realisierung des Bauvorhabens vom Kauf und der Erschließung des Grundstücks, über die Planung und Realisierung des Gebäudes bis zur Übergabe an Sie als den Käufer der Wohnung.
  • oder mit einem Generalunternehmer, wenn Sie das Baugrundstück schon erworben oder geerbt haben und darauf Ihr Eigenheim errichten wollen. Dann haben Sie oder der von Ihnen beauftragte Architekt – im Unterschied zur Bauträgergesellschaft – für die Baugenehmigung und alle im Vorfeld erforderlichen Maßnahmen zu sorgen.

In beiden Fällen regelt der Kaufvertrag, was und wie gebaut werden soll.  Zum Kaufvertrag gehört u.a. auch auch die ausführliche Bau- und Leistungsbeschreibung mit Kostenberechnungen und einem Zahlungsplan, wann und in welcher Höhe Abschlagszahlungen fällig sind.

Diesen Kaufvertrag sollten Sie unbedingt von einem Fachanwalt prüfen lassen. Denn es geht 1. um viel Geld – Ihr Geld, und 2. um die wichtigste Rechtsgrundlage bei eventuellen Streitigkeiten hinsichtlich Baumängeln. 

Im Kaufvertrag sollte auch der Fertigstellungstermin genannt sein, darauf sollten Sie bestehen. Andernfalls warten Sie möglicherweise monatelang, bis sie endlich einziehen können, während die bisherige Mietwohnung bereits gekündigt ist.

Tipp: Auch wegen des Zahlungsplans ist das Urteil des Fachmanns gefragt, ob z.B. der Grundsatz „Zahlung nach Baufortschritt“ und zwar in Höhe des jeweils tatsächlichen Kostenaufkommens eingehalten wurde. Denn als Absicherung gegen eine eventuelle Insolvenz der Baufirma sollten Sie nie mehr als die bisher geleistete Arbeit bezahlen und auch keine Vorschusszahlungen leisten. 

 

Mängelrüge: Was ist ein Baumangel und wie kommt er zustande?

Ein Baumangel wird im Juristendeutsch synonym auch als Sachmangel bezeichnet. Er besteht dann, wenn    

  • eine Werkleistung fehlerhaft ausgeführt wurde, so dass sie nur eingeschränkt oder gar nicht in den vorgesehenen Gebrauch genommen werden kann oder
  • wenn einer Werkleistung eine vereinbarte Eigenschaft fehlt

Grundsätzlich kann unterschieden werden in Baumängel, die

  • schon als Planungsfehler auftreten
  • als Planungsfehler von der Bauausführung übernommen werden
  • aufgrund von unsachgemäßer Ausführung entstehen

Ein Baumangel, der schon als Planungsfehler auftritt, muss vor Baubeginn korrigiert werden. Andernfalls wird er möglicherweise vom Bauausführenden, Ihrem Auftragnehmer, übernommen. In einem solchen Fall ist in erster Linie der Planer/Architekt verantwortlich. Handelt es sich um einen groben Irrtum, den der Auftragnehmer hätte bemerken müssen, gebietet es dessen Sorgfaltspflicht, den Planer darauf aufmerksam zu machen, damit ihn keine Mitschuld trifft.

Voll verantwortlich für einen Bau- oder Sachmangel ist die Baufirma, wenn die Werkleistung fehlerhaft, unsachgemäß oder unvollständig ausgeführt wurde.

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Mängelrüge: Bauabnahme nie ohne einen Bausachverständigen oder Ihren Architekten

Als Käufer einer Eigentumswohnung werden Sie in der Regel Baumängel erst feststellen, wenn sich das Bauvorhaben im fortgeschrittenen oder Endstadium befindet oder vor der Endabnahme. Zudem kann es sein, dass sich Baumängel erst nach einem längeren Zeitraum zeigen und nicht ohne weiteres als solche vom Nichtfachmann erkannt werden. Das sind so genannte versteckte Baumängel. Deshalb sollten Sie bei derartigen Veränderungen an der inneren und äußeren Bausubstanz, bei Feuchtstellen beispielsweise im Keller, bei Pilzbefall in Räumen trotz regelmäßiger Nutzung und Lüftung oder Abplatzungen an Balkonen einen Bausachverständigen diese Veränderungen begutachten lassen. Sofern er einen Baumangel im Sinne der oben genannten Definitionen feststellt, ist Ihr weiteres Vorgehen u.a. von den infrage kommenden Verjährungsfristen abhängig, die weiter unten angesprochen werden.

Mängelrüge: Welche Reaktionsmöglichkeiten auf einen Baumangel gibt es?

Haben Sie, Ihr Architekt oder der von Ihnen engagierte Bausachverständige einen Baumangel festgestellt, stehen Ihnen diese Reaktionsmöglichkeiten offen:

  • Die Mängelrüge, synonym auch Mängelanzeige, ist die häufigste Reaktionsform. Damit machen Sie den Bauausführenden auf den Sachmangel aufmerksam, beschreiben die Art des Mangels und die festgestellten oder zu erwartenden Folgen bzw. Auswirkungen. Dazu sind von Ihnen als bautechnischem Laien keine Fachbegriffe erforderlich. Zur Mängelrüge gehört auch eine angemessene Fristsetzung, die es dem Bauausführenden erlaubt, den Mangel zu beheben. Als „Druckmittel“ haben Sie zusätzlich das Zurückbehaltungsrecht, nämlich mindestens den doppelten Betrag der voraussichtlichen Nachbesserungskosten von der betreffenden Abschlagszahlung einzubehalten, bis der Mangel beseitigt ist.
  • Eine Nacherfüllung wird wirksam, wenn der Bauausführende in einem Gerichtsverfahren gezwungen wird, den angezeigten Sachmangel zu beheben.
  • Selbstvornahme ist der Begriff, wenn der Bauherr den Mangel in Eigenregie auf Kosten des Bauausführenden beseitigt. Das kann infrage kommen, wenn die betreffende Baufirma nicht innerhalb der gesetzten Frist reagiert. Dieses Vorgehen sollte jedoch die Ausnahme sein und Der Baumangel detailliert zur Beweissicherung dokumentiert werden. Denn andernfalls könnte der Bauausführende den Mangel nachträglich bestreiten, wenn er aufgefordert wird, die entstandenen Kosten zu begleichen.
  • Eine Minderung können Sie anstelle einer Mängelbeseitigung geltend machen. Diese ergibt sich als Differenz aus den Kosten einer ordnungsgemäßen Ausführung und dem Wert der mangelhaften. Dazu ist ein Sachverständiger erforderlich, der eine Schätzung vornimmt.
  • Schadenersatz können Sie geltend machen, wenn Sie durch einen Baumangel finanziellen Schaden hinnehmen mussten. Ein klassisches Beispiel ist die Verzögerung des Umzugs wegen des festgestellten Baumangels und Sie dadurch weitere Mietzahlungen leisten mussten. 
  • Sozusagen der GAU ist der Rücktritt vom Vertrag. Dieser kommt eigentlich nur infrage, wenn schwerwiegende Mängel und damit verbundener fundamentaler Vertrauensverlust vorliegen, dass beispielsweise das Bauvorhaben von der Baufirma überhaupt noch ordnungsgemäß realisiert werden kann. Ein solche Entscheidung sollte keinesfalls ohne juristischen Rat getroffen werden. 
     

Mängelrüge: Die Momente der Wahrheit: Bauabnahmen

Für Sie und die Baufirma sind Bauabnahmen z.B. nach Fertigstellung des Rohbaus, vor allem aber bei der Schlüsselübergabe ganz entscheidende Termine. 

Sie tun gut daran, während der gesamten Bauphase laufenden Kontakt mit dem Verantwortlichen der Bauträgergesellschaft oder dem Generalunternehmer zu halten. Spätestens zur Rohbauabnahme jedoch sollten Sie zusammen mit einem unabhängigen Fachmann, z.B. einem Bausachverständigen oder Ihrem Architekten die Baustelle eingehend inspizieren. Bei einer Eigentumswohnung geht es nicht allein um Ihren Wohnungsbereich. Prüfen Sie auch die von allen Mitbewohnern gemeinsam genutzten Bereiche, dem so genannten Gemeinschaftseigentum. Denn ein Teil Ihrer Bausumme steckt auch im Treppenhaus, im Lift, im Dachstock, in der Tiefgarage etc. Nehmen Sie alles auf, was Sie und der Baufachmann in Ihrer Begleitung als Baumangel erkennen. Dabei ist eine detaillierte Dokumentation anhand von Fotos sowie eine Beschreibung des Baumangels unerlässlich.

Dasselbe Vorgehen, mit noch größerer Akribie ausgeführt, ist vor der Endabnahme fällig. Denn alles, was Sie jetzt nicht anmahnen, wird schwer, nachträglich als Bau- oder Sachmangel im Rahmen der Leistungspflicht beheben zu lassen, da der Bauunternehmer mit Recht sagen kann: Das wurde bei der Endabnahme nicht angemahnt. Für eine Behebung des Mangels oder Schadens, den der Bauausführende als solchen nicht anerkennt, verlangt er dann Extra-Bezahlung.

Damit die vor der Endabnahme festgestellten Baumängel möglichst rasch behoben werden, haben Sie nach neuester Rechtsprechung das Recht bis zu 5% der Gesamt-Bausumme zurückzubehalten und einen angemessenen Termin zu setzen, bis die Nachbesserungen erfolgt sein müssen. Erst dann hat auch der Bauausführende das Recht den letzten Teil der Bausumme zu verlangen. 

Mängelrüge: Nicht alle, aber die häufigsten Baumängel

Die nachfolgende Liste soll Ihnen bei der Bauabnahme helfen, überdurchschnittlich oft auftretende Baumängel gezielt und rasch zu erkennen. Das allerdings besagt nicht, dass keine weiteren Mängel zu entdecken sind. Einige der Fehler kann nur der Fachmann beurteilen, den Sie bei der Bauabnahme unbedingt an Ihrer Seite haben sollten.

  • Risse in Putz oder Mauerwerk
  • Feuchte Fensterlaibungen
  • Mangelnde Abdichtung zwischen Balkon und Gebäude
  • Undichte Dampfsperren, beispielsweise bei der Dachisolierung oder der Nasszelle
  • Fehlende Entlüftung des Spitzbodens unter dem Dach
  • Risse in den Dachbalken
  • Unerwünschte Schallbrücken durch Rohrleitungen oder Sanitärausstattung
  • Feuchte Keller-Innenwände durch unsachgemäße oder fehlerhafte Außenabdichtung
  • Risse im Estrich
  • Falsche Montage der Dachboden-Einschubtreppe

Mängelrüge: Die beste Medizin für erfolgreiche Mängelrügen: cool bleiben

Angesichts der Komplexität eines Bauwerkes, der zum Teil hochentwickelten Materialien und der dafür erforderlichen handwerklichen Kenntnisse und Fertigkeiten sind Mängelrügen im Baugewerbe nichts Ungewöhnliches. Und genau so sollten Sie mit Baumängeln umgehen - auch gegenüber dem Verantwortlichen der bauausführenden Firma: sachlich, begründend und ohne Vorwürfe. Andernfalls verhärten Sie nur die Front Ihres Gegenübers. Am besten gehen Sie folgendermaßen vor:

  • Suchen Sie das Gespräch mit dem Verantwortlichen und machen Sie ihn auf den/die Mängel aufmerksam
  • Kündigen Sie gleichzeitig, „damit alles seine Ordnung hat“ an, dass er das Angesprochene auch schriftlich erhält
  • In der schriftlichen Mängelrüge beschreiben Sie die Beanstandung – wie oben unter „Mängelrüge“ erwähnt – und setzen Sie eine ausreichende Frist für die Ausführung der Nachbesserung
  • Warten Sie auf eine Reaktion: Entweder durch eine Rückmeldung oder durch die unkommentierte Ausführung der Nachbesserung. Achten Sie dabei auf allfällige Verjährungsfristen (s. unten).
  • Wenn Sie keinerlei Reaktion erhalten, sollten Sie nicht zögern, einen Rechtsanwalt einzuschalten, der Ihnen das weitere Vorgehen empfiehlt.

Mängelrüge: Nach der Schlüsselübergabe tickt die Uhr der Verjährung

Die Endabnahme mit Schlüsselübergabe ist der entscheidende Wendepunkt im Baugeschehen um Ihre Wohnung oder ihr Eigenheim. Denn damit kehrt sich die Beweislast um. Nun müssen Sie beweisen, dass der von Ihnen angemahnte Baumangel nicht durch Sie nachträglich verursacht wurde.

Es können aber auch erst nach längerer Zeit Mängel am Bau und/oder am Grundstück auftreten, die unter die Gewährleistungspflicht fallen. Auch sogenannte bewegliche Sachen (z.B. die Wasch- oder Spülmaschine in einer von der Baufirma im Baupreis enthaltenen Einbauküche) fallen unter die Gewährleistungspflicht.

Bei den Fristen der Verjährung ist zu beachten, ob Ihr Bauvertrag nach BGB- oder nach  VOB-Recht (Vergabe- und Vertragsordnung) abgeschlossen wurde. Demnach gelten diese Fristen:

  • 5 Jahre bei Bauwerksmängeln nach BGB-Vertrag (nach VOB-Vertrag 4 Jahre)
  • 2 Jahre bei Mängeln von Arbeiten am Grundstück
  • 2 Jahre bei Mängeln an beweglichen Teilen

Ein nicht selten eintretender Fall ist die Insolvenz einer Baufirma, noch bevor der Bauherr und Auftraggeber eine Gewährleistung geltend machen konnte. Sind Sie davon betroffen, haben Sie kaum eine Möglichkeit, zu Ihrem Recht zu kommen bzw. entstandene Kosten erstattet zu bekommen. Es empfiehlt sich daher, von vornherein beim Abschluss des Kaufvertrags vom Bauunternehmen eine  Gewährleistungsbürgschaft zu verlangen. Diese Sicherheitsleistung stellt die Bank des Auftragnehmers gegen einen Kostenbetrag aus, so dass eine Begleichung der Schadenskosten im Insolvenzfall sichergestellt ist.

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