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Der Erwerb einer Immobilie bei einer Versteigerung

Inhaltsverzeichnis

Weshalb und wie häufig werden Immobilien zwangsversteigert?

Bei Zwangsversteigerungen des Amtsgerichts kommen auch immer wieder Immobilien unter den Hammer. Dieser Weg, an eine Immobilie zu kommen, ist zwar ungewöhnlich, kann sich jedoch für Sie lohnen. Zahlreiche Bauherren, die ihre Immobilie nicht mehr finanzieren können, müssen sich von ihrem Besitz trennen. Weitere Gründe dafür, dass sich ein Eigentümer von seinem Haus oder seiner Eigentumswohnung trennen muss, können Jobverlust, Scheidung oder Erbschaftsstreitigkeiten sein. Eine Bank, die die Immobilie finanziert, kann sich ihr Geld, das durch den Grundbucheintrag gesichert ist, nur zurückholen, wenn sie die Verwertung des Objekts betreibt, sprich: es veräußert. 

Die mit am häufigsten auf einer Zwangsversteigerung angebotenen Objektarten sind Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser, also klassische Wohnimmobilien. Wir sprechen hier immerhin von 70 Prozent.

Die Termine für Zwangsversteigerungen von Immobilien werden zwar weniger, es gibt aber immer noch eine Vielzahl. Die Entwicklung der Zwangsversteigerungen über einen Zeitraum von 10 Jahren zeigt, dass diese Termine rückläufig sind. So beliefen sich die Zwangsversteigerungstermine 2004 mit einer Anzahl von 92.300 Terminen und einem Gesamt-Verkehrswert von gut 18 Milliarden Euro. Die Zahlen entwickelten sich bis ins Jahr 2014 kontinuierlich rückläufig und fielen mit 43.561 Terminen um mehr als die Hälfte ab. Der Verkehrswert der in 2014 zwangsversteigerten Immobilien betrug nur noch rund 7 Milliarden Euro.

Welche Bedeutung kommt dem Verkehrswert zu?

Das Prozedere sieht vor, dass die anstehende Zwangsversteigerung einer Immobilie, üblicherweise sechs Wochen vor Termin im örtlichen Rathaus durch einen Aushang angekündigt wird. Für Eigentumswohnungen liegt der im Schnitt angesetzte Ersteigerungspreis bei etwa sechzig bis fünfundsiebzig Prozent des Verkehrswerts, bei Einfamilienhäusern kann der Wert zwischen siebzig und neunzig Prozent betragen. Durch die frühzeitige Ermittlung des Verkehrswertes, rund ein Jahr vor Zwangsversteigerung, findet die Marktpreisentwicklung innerhalb dieses Zeitraums, keine Berücksichtigung. 

Die Bekanntmachung einer Zwangsversteigerung basiert lediglich auf Fakten und Eckdaten zum Objekt. Beim Rechtspfleger kann die Akte zum Objekt eingesehen werden, die ergänzend zu den reinen Fakten beispielsweise Aufschluss über die Beschaffenheit des Grundstücks geben kann. Idealerweise sind die folgenden, überaus wichtigen Informationen in der Akte enthalten:

  • Zustand der Immobilie
  • Möglichkeit der Verwendung
  • Der angesetzte Verkehrswert
  • Aktueller Auszug aus dem Grundbuch

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Wie schütze ich mich vor Ansprüchen des Noch-Eigentümers?

Sie sollten den Verkehrswert jedoch lediglich als Richtwert ansehen, denn letztlich ist er nur ein geschätzter Wert. Der Verkehrswert wird mithilfe eines Wertgutachtens ermittelt, das ein vom Amtsgericht beauftragter Sachverständiger erstellt hat. Der Gutachter hat die Aufgabe, obwohl ihm in manchen Fällen der Zugang zur Immobilie vom Noch-Eigentümer verweigert wird, den Immobilienwert zu ermitteln, der im freien Verkauf erzielbar wäre. Resultierend aus diesem Umstand kann es sinnvoll sein, einen Bausachverständigen einzubeziehen, der die Lage einzuschätzen versteht. Sie können als Erwerber einer Immobilie aus einer Zwangsversteigerung bei etwaigen Mängeln keine Regressansprüche an den Vorbesitzer stellen. Die Expertise eines Bausachverständigen schlägt mit ca. 1.000 Euro zu Buche, kann Sie aber vor bösen Überraschungen und den damit möglicherweise hohen Folgekosten bewahren. 

Bei einer Immobilie aus der Zwangsversteigerung sind insbesondere die Nutzungsrechte besonders zu beachten. Der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ ist auch nicht durch den Räumungstitel, den Sie durch den Kauf der Immobilie erworben haben, zu unterwandern. Sie übernehmen, wie bei jedem herkömmlichen Erwerb einer vermieteten Immobilie, den Mietvertrag vom Vorbesitzer - mit allen daraus resultierenden Rechten und Pflichten. Es besteht lediglich unter bestimmten vorliegenden Kündigungsgründen innerhalb der gesetzlichen Frist eine Möglichkeit auf Ausübung eines Sonderkündigungsrechts. Vorliegende Kündigungsgründe für ein Sonderkündigungsrecht sind: Mietrückstände oder Eigenbedarf.

Wird die Immobilie zum Versteigerungszeitpunkt noch vom Eigentümer bewohnt, muss unbedingt schriftlich festgehalten werden, wann dieser die Immobilie räumen beziehungsweise ausziehen wird. Der Noch-Eigentümer ist grundsätzlich zum Auszug nach der Versteigerung verpflichtet, kann sich dem aber in bestimmten Härtefällen verweigern. Ein solcher Härtefall wäre beispielsweise eine psychische Krisensituation, in der akute Suizidgefahr besteht. Diese Umstände könnten Ihren Einzug in die frisch erworbene Immobilie erst einmal auf unbestimmte Zeit verzögern.

Wesentliche Punkte bei ersteigerten Objekten berücksichtigen

Ersteigern Sie eine Eigentumswohnung, sollten Sie sich die entsprechende Teilungserklärung ganz genau ansehen, die Auskunft über Sondernutzungsrechte und Rechtsbeziehungen unter den Eigentümern gibt. 

Der aktuelle Auszug aus dem Grundbuch, der der Versteigerungsakte beiliegt, gibt sowohl über mögliche Belastungen (Hypotheken) als auch über den rechtlichen Status des Objekts, Auskunft. In Abteilung II des Grundbuchs können Objektbeschränkungen aufgeführt sein, wie zum Beispiel ein mögliches Wegerecht von Nachbarn über das Grundstück oder einem lebenslangem Wohnrecht eines Familienangehörigen des Noch-Eigentümers. Die Nutzungsmöglichkeiten der Immobilie können durch die Übernahme dieser Eintragungen der Abteilung II des Grundbuchs stark eingeschränkt sein. Sie übernehmen mit der Ersteigerung der Immobilie sämtliche Nutzungsrechte, die auch durch die Veräußerung nicht entfallen.

Die Gläubiger einer Immobilie werden in Abteilung II des Grundbuchs aufgelistet und im Rahmen einer Zwangsversteigerung in aller Regel von ihren Lasten befreit. Der in dieser Auflistung erstgenannte Gläubiger ist in der Regel das Kreditinstitut, das die Zwangsversteigerung auch eingeleitet, beziehungsweise betrieben, hat. Handelt es sich beim Betreiber der Zwangsversteigerung um einen zweit- oder nachrangig genannten Gläubiger und konnte durch die Versteigerung nicht die gesamte Schuld gegenüber dem erstrangigen Gläubiger getilgt werden, tritt folgendes ein: Der Ersteigerer der Immobilie kommt für die Rest-Schuld gegenüber dem vorgenannten Gläubiger oder den vor ihm genannten Gläubigern auf.  

Wie läuft eine Versteigerung ab?

Ein Termin für eine Zwangsversteigerung beim Amtsgericht hat einen langen Vorlauf, in etwa zwölf Monate. Diese Zeit ermöglicht es dem Schuldner, möglicherweise doch noch eine Einigung mit seinen Gläubigern zu erzielen. Sollten Sie also frühzeitig von der möglicherweise anstehenden Zwangsversteigerung erfahren, versuchen Sie, die Immobilie dem Eigentümer vor diesem Termin abzukaufen. Häufig werden Zwangsversteigerungen in letzter Minute abgesagt, da es dem Schuldner doch noch gelungen ist, seine Gläubiger zu befriedigen oder er einen Käufer für einen freihändigen Verkauf gefunden hat. Rufen Sie daher immer vor einem Termin einer Zwangsversteigerung beim Amtsgericht an und erkundigen sich, ob der Termin auch tatsächlich stattfinden wird.

Um an einer Zwangsversteigerung teilzunehmen, müssen Sie sich als Bieter durch Vorlage Ihres gültigen Personalausweises legitimieren. Darüber hinaus müssen Sie eine Sicherheit über zehn Prozent des angesetzten Verkehrswerts mitbringen. Diese kann aus einer Bürgschaft der Gläubigerbank oder einem durch die Landeszentralbank bestätigten Scheck bestehen. Bankbürgschaften einer beliebigen Bank oder Wertpapiere finden keine Akzeptanz. 

Expertentipp: Um sich mit dem Markt der Zwangsversteigerung vertraut zu machen, wohnen Sie als Besucher am besten einigen Verhandlungen bei. Nehmen Sie an der Verhandlung eines von Ihnen favorisierten Objekts teil, ist es von entscheidendem Vorteil, mit den Gepflogenheiten einer solchen Verhandlung bereits vertraut zu sein. Routine kann Sie davor bewahren, Ihr Preislimit zu überschreiten, das Sie sich im Vorfeld wohl überlegt gesetzt hatten.

Wie hoch liegt ein Mindestgebot, wie wird bezahlt?

Ein Zuschlag für eine Immobilie kann nur dann erteilt werden, wenn beim ersten Versteigerungstermin fünfzig oder mehr Prozent des Verkehrswerts geboten werden. Befürchtet der die Versteigerung betreibende Gläubiger allerdings einen Forderungsausfall, darf er den Zuschlag im Ausnahmefall verweigern. Diese Ausnahme besteht, wenn das Gebot zwar über 50 Prozent aber unter 70 Prozent des Verkehrswertes liegt. Kommt kein Zuschlag zustande, wird einige Monate später ein neuerlicher Termin angesetzt, für den das Amtsgericht jedoch kein Mindestgebot mehr festlegt. Droht dem Schuldner aufgrund sehr niedriger Gebote eine unzumutbare Härte, schaltet sich das Amtsgericht gegebenenfalls noch einmal in die Verhandlungen ein. 

Für den Erwerb eines Objekts aus der Zwangsversteigerung ist eine Verbriefung durch einen Notar nicht erforderlich, da der Zuschlag den Kaufvertrag ersetzt. Beim Immobilienkauf aus Zwangsversteigerung fällt zwar die übliche Grunderwerbsteuer an, die übrigen Kosten belaufen sich, verglichen mit einem herkömmlichen Immobilienerwerb, jedoch nur auf etwa ein Prozent, also ein Drittel, des Kaufpreises. 

Nachdem Sie den Zuschlag erhalten haben und die 10 % des Kaufpreises in Form einer Bürgschaft oder eines Schecks als Anzahlung hinterlegt haben, werden die restlichen 90 % des Kaufpreises etwa vier bis sechs Wochen nach Versteigerungstermin fällig.

Welche Ersteigerungs-Taktik führt zum Erfolg?

Es gibt diverse Taktiken, die Sie anwenden können, um bei einer Versteigerung erfolgreich zu sein:

  • Informieren Sie sich möglichst umfassend über die zur Versteigerung angebotene Immobilie und legen Sie nach reiflichen Überlegungen Ihr Preislimit fest, das sie keinesfalls überschreiten sollten. 
  • Lassen Sie sich nicht in die Karten schauen: Teilen Sie keinem der übrigen Bieter mit, bei welcher Höhe Ihr Preislimit liegt. 
  • Gehen Sie nicht auf Provokationen Ihrer Mitbieter ein, die meist schlicht Verwirrung stiften oder die Mitbietenden zu unüberlegten Geboten verleiten sollen. 
  • Beim Erwerb eines Einfamilienhauses geht die Haftung am Gebäude unmittelbar auf Sie über. Sorgen Sie daher schnellstmöglich für den erforderlichen Versicherungsschutz in Form einer Gebäudehaftpflicht- und einer Wohngebäudeversicherung. Bereits bestehende Policen können problemlos auf Ihren Namen umgeschrieben werden.

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