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Immobilienvermögen erben und vererben – Warum die Immobilienbewertung unerlässlich ist

Inhaltsverzeichnis

Sachverständige können nicht nur die Vorteile, sondern auch die Risiken einer Immobilie beleuchten. Im Bereich erben und vererben von Immobilienvermögen ist dies ein herausragendes Merkmal. Die Kunden erwarten Neutralität, Offenheit und Transparenz, genau jene Eigenschaften, die den Beruf des Sachverständigen ausmachen.

Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Kunden, der vor der Herausforderung steht sein Testament zu erstellen. Er ist Eigentümer von drei Immobilien: einem Einfamilienhaus, einem Mehrfamilienhaus und einer Eigentumswohnung. Er hat drei Kinder und jeder von Ihnen soll eine Immobilie bekommen. Er stellt sich die Frage wie er dies möglichst gerecht hinbekommen kann. Wahrscheinlich geht er mit diesem Wunsch zu einem Berater, einem Steuerberater, einem Fachanwalt oder zu einem Notar. Doch alle drei werden Ihnen die beiden gleichen Fragen stellen: Was genau ist Ihr Ziel? Was sind die Immobilien wert? 

Das Ziel ist einfach definiert: Er will seinen Nachlass gerecht an seine Kinder vererben. Aber wie macht man das? Wie kann ein Sachverständiger für Immobilienbewertung helfen? Ganz einfach, er kann die Immobilien bewerten, verschiedene Analysen generieren, die als Entscheidungshilfe für die Erstellung eines gerechten Testamentes helfen. Nach der Erstellung der Verkehrswertermittlung, kann also ein Konzept zum Erhalt des Immobilienvermögens angeboten werden. Daraus kann eine Teilungsanordnung erstellt werden, wie die Aufteilung nachher im Testament festgehalten werden soll. Ein wichtiges Hilfsmittel hierfür, ist das Generationengespräch.

Unter einem Generationengespräch versteht man eine Analyse und Erörterung der Vermögensnachfolgeplanung im Kreis derjenigen Familienangehörigen und sonstigen Personen, die von ihr betroffen sind. Behandelt werden hier sowohl Maßnahmen der vorweggenommenen Erbfolge, als auch testamentarische oder erbvertragliche Regelungen. Die Erfahrungen mit derartigen Generationengespräche sind durchweg positiv, da diese Gespräche lange vor der Entstehung einen erbrechtlichen Konflikt stattfinden und diesen Konflikt auch meist erst gar nicht aufkommen lassen. Hier hat sowohl der spätere Erblasser die Gelegenheit, seine Beweggründe für die geplante Regelung darzulegen, als auch die gegebenenfalls begünstigten Familienangehörigen können ihre Interessenlage darlegen.

Die Teilungsanordnung im Testament

Mit der Teilungsanordnung gemäß § 2048 BGB kann der Erblasser im Testament oder Erbvertrag eine Anordnung treffen, wie Nachlassimmobilien bei der Auseinandersetzung unter den Miterben verteilt werden sollen. Der Begünstigte erhält durch die Teilungsanordnung einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Miterben auf eine bestimmte Auseinandersetzung des Nachlasses mit der Maßnahme, dass der Betreffende den für ihn bestimmten Gegenstand im Rahmen der Erbauseinandersetzung erhält. Beachtet werden muss hier der vorgeschriebene Teilungsmodus und die daraus resultierenden Erbquoten. Grundsätzlich dienen Teilungsanordnung der technischen Durchführung der Erbauseinandersetzung. 

Abgrenzung zwischen der Teilungsanordnung und einem Vorausvermächtnis bereitet in der Praxis häufig Schwierigkeiten, denn die beiden haben unterschiedliche Wirkungen und müssen im Testament klar formuliert sein. Die Teilungsanordnung soll keine Wertverschiebung herbeiführen. Falls es doch zu einer Verschiebung der gesetzlichen Erbquote durch die Aufteilung des Nachlasses kommen würde, wird bei einer Teilungsanordnung eine Ausgleichspflicht der Miterben untereinander ausgelöst. Bei der Teilungsanordnung erfolgt ein Wertausgleich; beim Vorausvermächtnis eben nicht. Der Wertausgleich erfolgt durch Geldausgleich und richtet sich nach dem Wert der Immobilien. Allerdings muss der Wertausgleich mindestens der Pflichtteil des Erbes sein.

Was ist Ihre Immobilie wert?

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Exkurs Pflichtteil:

Ein Pflichtteil richtet sich nach dem gesetzlichen Erbteil unabhängig ob es ein Testament gibt oder nicht. Es ist immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und kann nur bar ausgeglichen werden. Pflichtteilsberechtigt sind nur die Nachkommen, der Ehepartner und die Eltern, wenn der Erblasser kinderlos verstirbt.

Sie haben nun Ihre drei Immobilien bewerten lassen und sind zu folgendem Ergebnis gekommen: 

  • Einfamilienhaus 120.000,00 Euro
  • Eigentumswohnung 70.000,00 Euro
  • Mehrfamilienhaus 500.000,00 Euro

Da Ihre drei Kinder die einzigen Erben sind, ist die Erbquote je 1/3. Das Gesamtvermögen sind 690.000,00 Euro, jedes Kind hat einen Anspruch auf 230.000,00 Euro und der Pflichtteil wäre 115.000,00 Euro. Folgendes Szenario ist nun möglich: Kind 1 erbt das Mehrfamilienhaus und gleicht den erhöhten Wert an seine Geschwister aus. An Kind 2 mit dem Einfamilienhaus 110.000,00 Euro und Kind 3 mit der Eigentumswohnung 160.000,00 Euro. Natürlich ist im Vorfeld zu klären, ob Kind 1 diese finanzielle Belastung überhaupt stemmen kann oder ob man sich doch noch ein anderes Szenario ausdenken muss.

Hier liegt der Fokus ganz klar auf einer eindeutigen, präzisen und aussagekräftigen Formulierung für die Erstellung eines Testamentes, die untermauert wird durch eine qualifizierte und marktkonforme Bewertung, die diese Teilungsanordnung fundiert absichert.

Wart und Pflege

Ganz anders ist die Vorgehensweise im Fall der alleinstehenden Witwe, die ihr Einfamilienhaus an ihre beiden Töchter vermachen will. Die ältere Dame hat allerdings den Wunsch, dass eine ihre Töchter das Haus alleine übernimmt, es altersgerecht umbauen lässt und ihr bis ans Ende ihrer Tage ein Wohnungsrecht einräumt. Am allerliebsten wäre es ihr auch, wenn eine dementsprechende Pflegeverpflichtung im Grundbuch hinterlegt wird. Die Analyse und Aufarbeitung dieses Falls geht schon in Richtung eines Mediationsverfahren, denn jeder der drei Beteiligten hat eigene Bedürfnisse und Vorstellungen wie die Realisierung aussehen soll.
Der oben beschriebene Wunsch der Witwe wird auch als Instrument der Alterssicherung oder als Altenteil bezeichnet. Auch die Begrifflichkeit „Wart und Pflege“ kommen in diesem Zusammenhang vor.

Im Gegenzug zur Übergabe von Immobilienvermögen bewilligen die Übernehmer eine Reihe von Verpflichtungen gegenüber den Übergebern. Die häufigsten dieser Rechte für die Übergeber sind Wohnungsrechte und Reallasten wie Unterhaltszahlungen oder Pflegeverpflichtungen. Da jedes dieser Rechte sehr individuell auf die Übergeber zugeschnitten ist, ist die Bewertung individuell und nicht pauschal. Zum einen hat sich der Landesverband Bayern öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V. (LVS Bayern) sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt und zum anderen findet man eine ausführliche Literatur im Sprengnetter Lehrbuch; 29. Ergänzung, („Modell Strotkamp“).

Legaldefinition Wart und Pflege

Die Definition von Wart und Pflege findest man im § 1105 BGB unter dem begriff Reallast. Dies ist eine wiederkehrende Leistung in Form von Geld-, Sach- oder Dienstleistungen, als Anspruchsgrundlage dient das Immobilienvermögen, meist ein bestimmtes Grundstück. 

Der Begriff „Wart“ wird im Duden wie folgt definiert: „für etwas bestimmtes verantwortlich sein, die Aufsicht über etwas Bestimmtes zu haben“. Es ist ein veralteter technischer Begriff und kann auf die heutige Zeit übersetzt werden in: „Mitwirken um etwas in guten Zustand zu halten“. Auf das Altenteil gesehen kann es Leistungen in der Haushaltsführung, Einkäufe erledigen oder das waschen der Wäsche bedeuten. Der Begriff „Pflege“ im Gegensatz wurde ganz klar in § 14 SGB XI definiert: „Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen“. 

Wie pflegebedürftig jemand ist, wird seit 01.01.2017 in der neuen Pflegestufen-Reform 2017 definiert. Diese enthält nun 5 Pflegestufen mit unterschiedlichen Ausprägungen und Pflegegeldbeträgen. Wer in welche Pflegestufe eingestuft wird, wird durch eine entsprechende Begutachtung des Medizinischen Dienst der Krankenkassen vorgenommen.

Wenn Ihre Kunden sich darüber Gedanken machen Wart- und Pflegeverpflichtungen in einen Übergabevertrag mit aufzunehmen, sollten sich im Vorfeld einige Gedanken dazu machen. Die Hilfeverpflichtungen im Sinne von Wart, kann man wahrscheinlich relativ gut in den Alltag integrieren. Obwohl auch hier im Vorfeld offen in der Familie darüber diskutiert werden muss wie viel Zeit wer mit was einbringen muss. Wenn diese einfachen Fragen im Vorfeld nicht beantwortet und schriftlich festgelegt wurden, kann es im Ernstfall Ärger uns Streit im Familienverbund geben. Im Rahmen der Pflegeverpflichtungen müssen noch genauere Vorüberlegungen getroffen werden, denn schnell kommt man hier auch medizinisch an die Grenzen. Einige dieser Fragen könnten sein:

  • Hat der Pflegeverpflichtete die Leistungen persönlich zu erbringen oder kann er auch andere Personen damit beauftragen?
  • Wer hat die Pflegeleistung zu erbringen, wenn der Pflegeverpflichtete krank ist, sich im Urlaub befindet oder aufgrund seiner familiären Situation keine oder nicht genügend Zeit findet?
  • Wo soll gepflegt werden, eventuell nur in der Wohnung des Pflegebedürftigen, endet die Pflegeverpflichtung mit Auszug aus der Wohnung?
  • Welchen Umfang hat die Pflegeleistung? Was ist für den Einzelnen durchführbar?
  • Welcher Zeitaufwand ist zumutbar?
  • Orientiert sich der Pflegeaufwand nach den Pflegestufen? Was kann der Pflegeverpflichtete fachlich leisten? In welchen Bereichen braucht er Unterstützung?
  • Wer erhält das Pflegegeld von der Versicherung?
  • Was gilt, wenn der Pflegeverpflichtete die Leistungen nicht mehr erbringen kann? Kann das Grundstück zurückgefordert werden, sind dann die in der Vergangenheit erbrachte Pflegeleistungen zu vergüten?
  • Was gilt, wenn der Pflegebedürftige aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Wohnung gepflegt werden kann?

Vielen Menschen fällt es schwer diese Fragen ohne weiteres Hintergrundwissen zu beantworten, deshalb ist es wichtig die Kunden an fachkundige Beratungsstellen wie zum Beispiel die Diakoniestationen zu verweisen. Erst wenn sich jeder im Familienverbund klar darüber ist welche Konsequenzen für jeden einzelnen die Übernahmen der Wart- und Pflegeverpflichtung hat, kann man wieder zu Erarbeitung des Übergabevertrages für das Immobilienvermögen zurückkehren.
 

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