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Was bedeuten Nießbrauch und Wohnrecht bei der Hausüberschreibung?

Inhaltsverzeichnis

Wohnrecht oder Wohnungsrecht – wo ist der Unterschied?

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff Wohnrecht genutzt, obwohl in den allermeisten Fällen das im juristischen Sinne gemeinte Wohnungsrecht gemeint ist. Das Wohnungsrecht spielt bei einer Hausschenkung in vielen Fällen eine wichtige Rolle als Auflage, zu der der Begünstigte gegenüber dem Schenkenden verpflichtet wird. Zumeist handelt es sich dabei um ein lebenslanges Wohnungsrecht.

Um keine Verwirrung aufkommen zu lassen, hier der Unterschied:

  • Der Inhaber des Wohnungsrechts ist nach § 1093 Abs. 1 BGB berechtigt, "ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen." Darüber hinaus hat er die Befugnis, "seine Familie sowie die zur standesmäßigen Bedienung und zur Pflege erforderlichen Personen in die Wohnung aufzunehmen" (§ 1093 Abs. 2 BGB). Außerdem: "Ist das Recht auf einen Teil des Gebäudes beschränkt, so kann der Berechtigte die zum gemeinschaftlichen Gebrauch der Bewohner bestimmten Anlagen und Einrichtungen mitbenutzen" (§ 1093 Abs. 3 BGB).
  • Um das bei weitem seltener auftretende Wohnrecht handelt es sich, wenn der Haus- oder Wohnungseigentümer von der (Mit-)Benutzung diverser Wohnräume des Wohnrechtinhabers nicht ausgeschlossen ist.

Wegen des oft synonymen Gebrauchs des Wohnrechts mit dem eigentlich gemeinten Wohnungsrecht ist es ratsam, schon im Vorfeld eines Übertragungsvertrags eindeutig zu klären, was gemeint ist und dies als Auflage im Übertragungsvertrag zu dokumentieren. 

Welche Auswirkungen hat das Wohnungsrecht auf die Schenkungssteuer und den Immobilienwert?

Soll bei einer Hausschenkung ein Wohnungsrecht vereinbart werden, muss dieses in den Schenkungsvertrag aufgenommen und notariell beurkundet werden. Darüber hinaus ist der Vertrag der Immobilienschenkung – und damit das vereinbarte Wohnungsrecht als Teil des Vertrags – im Grundbuch einzutragen, was der Notar veranlasst.

Das im Schenkungsvertrag vereinbarte Wohnungsrecht wird sowohl für den Schenkenden als auch für den Beschenkten steuerlich wirksam. Hierbei ist von drei Gegebenheiten auszugehen:

  • Durch den Eintrag eines Wohnrechts verliert das Haus an Wert, da es vom neuen Eigentümer nicht genutzt werden kann und bei einer eventuellen Verkaufsabsicht nur schwer oder gar nicht zu vermitteln ist.
  • Der Wertverlust wirkt sich auf die Schenkungssteuer aus und kann zur Folge haben, dass bei einer solchen Schenkung der Kapitalwert der Immobilie den nutzbaren Freibetrag (z.B. vom Elternteil zum Kind 400.000 Euro) unterschreiten kann. Somit können Schenkungssteuern gespart oder vermieden werden.
  • Da in der Regel ein unentgeltliches Nutzungsrecht vereinbart wird, stellt dieses einen Vermögenswert dar. Grundlage dafür ist § 14 Bewertungsgesetz.

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Das lebenslange Wohnrecht als steuerwirksamer Vermögenswert

Bei der Berechnung der Steuerlast für das unentgeltliche, lebenslange Wohnrecht werden u.a. zwei Werte herangezogen:

  • Der Kapitalwert der Immobiliennutzung
  • das Lebensalter des Wohnungsrechtsinhabers

Für die Festlegung der Steuer bei einem lebenslangen Wohnungsrecht werden als einheitliche Berechnungsgrundlage die Sterbetafeln des statistischen Bundesamtes herangezogen. Aus ihnen kann die durchschnittliche Lebenserwartung des Schenkers ermittelt werden.

In Verbindung mit dem Immobilien-Kapitalwert wird eine zwar fiktive, aber marktübliche Miete ermittelt, die bis zum Tod erzielt werden könnte. Der daraus errechnete Wert des unentgeltlichen Wohnrechts wird dann nach § 14 Bewertungsgesetz mit 5,5% abgezinst, woraus sich die Kapitalisierungsfaktoren ergeben. Hiermit lässt sich der Realwert der Schenkung und damit die entstehende Steuer ermitteln.

Zwangsversteigerung – was geschieht mit dem lebenslangen Wohnrecht?

Die Zwangsversteigerung tritt oft ein, wenn – aus vielfältigen Gründen – Darlehenszahlungen nicht mehr geleistet werden können und der/die Gläubiger das Haus kapitalisieren möchten, um an ihr Geld zu kommen. In diesem Fall ist entscheidend, mit welchem Rang das Wohnrecht/Wohnungsrecht im Grundbuch eingetragen ist. In der Regel bestehen Banken bei der Darlehensvergabe darauf, die Grundschuld erstrangig im Grundbuch eintragen zu lassen und sich auf diese Weise das Erstzugriffsrecht auf die Immobile zu sichern. Wenn das Wohnungsrecht zweitrangig im Grundbuch eingetragen ist, erlischt es bei einer Zwangsversteigerung. Dazu kommt, dass der Wert des Wohnungsrechts zwar dem Wohnberechtigten zusteht. Reicht der Erlös aus der Zwangsversteigerung jedoch nur zur Tilgung der Grundschuld, geht der Wohnberechtigte leer aus – und verliert auch noch die Wohnung.

Andererseits wird die Bank bei der Darlehensvergabe darauf hinweisen, dass das erstrangige Wohnungsrecht den Wert der Immobilie schmälert und deswegen darauf abgestimmte (schlechtere) Darlehenskonditionen anbieten.

Um den "Traum vom geruhsamen Lebensabend" nicht zu gefährden, sollte deshalb in jedem Fall juristische Beratung eingeholt werden.

Der Nießbrauch, wie er im Gesetz formuliert ist und was das praktisch bedeutet

§ 1030 Abs. 1 BGB formuliert den Nießbrauch so: "Eine Sache kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen (Nießbrauch)."

Das heißt, dass einer Person (dem Nießbraucher) vom Eigentümer einer Sache die Erlaubnis erteilt wird, diese für den Eigengebrauch zu nutzen. Weiter darf der Nießbrauchsberechtigte die Nutzung auch dritten Personen überlassen und damit wirtschaftliche Gewinne erzielen. Im Umkehrschluss bedeutet es, dass der Eigentümer eine Sache vollständig überschreiben kann, ohne damit die umfassende Nutzungsmöglichkeit zu verlieren. 

Das Nießbrauchsrecht kann sich auf unterschiedliche Güter beziehen:

  • Grundstücke und Immobilien
  • Rechte oder Anteile an einem Unternehmen
  • Vermögen und Wertpapiere
  • Fahrzeuge

Ein Beispiel: Der Eigentümer eines Wohnhauses mit zehn Mietparteien vereinbart im Überschreibungsvertrag mit seinem Sohn die Hausüberschreibung in Verbindung mit dem Zurückbehalt eines Nießbrauchsrechts. Dieses kann z.B. ein lebenslanges Wohnungsrecht und die Mieteinkünfte von drei Wohnungen beinhalten.

Der Kapitalwert einer Immobilie bei Nießbrauch

Wie beim lebenslangen Wohnrecht wird auch ein Nießbrauch im Grundbuch eingetragen. Und in ähnlicher Weise verliert eine Immobilie an Wert. Dieser erhöht sich erst wieder zum Zeitwert, wenn ein zeitlich begrenzter Nießbrauch ausläuft oder z.B. durch Tod des Nutzers endet. Denn allein durch Eigentümerwechsel endet ein Nutzungsrecht nicht.

Wie kann Nießbrauch angewendet werden, welche Arten gibt es?

Da Nießbrauch unterschiedliche Gestaltungsarten zulässt, haben sich daraus eine Reihe unterschiedlicher Anwendungsfälle entwickelt. Hier die häufigsten:

Beim Zuwendungsnießbrauch überlässt der Eigentümer dem Nießbraucher die Nutzung unentgeltlich oder gegen ein Entgelt. Eine teilentgeltliche Nutzung bedeutet, dass beispielsweise bei einem Mietshaus, das der Eigentümer vollständig dem Nießbraucher überlassen hat, er vom Nutzer einen Teil der Mieteinnahmen erhält.

Will der Eigentümer dieselbe Sache (z.B. eine Werkstatt) ebenfalls weiterhin nutzen, überträgt jedoch den Nießbrauch einem Dritten, kann ein partieller Vorbehaltsnießbrauch vereinbart werden. Beispiel: Der Eigentümer einer Autowerkstatt überlässt den Nießbrauch der Werkstatt mitsamt Einrichtung seinem Sohn mit dem Vorbehalt, dass der Eigentümer an zwei Nachmittagen die Fahrzeuge einiger Kunden in der Werkstatt selbst repariert.

Die Erben eines Erblassers sind verpflichtet, einen Vermächtnisnießbrauch umzusetzen. Dieser kommt zustande, wenn der Erblasser in seinem Testament letztwillentlich verfügt, dass einer dritten Person Nießbrauch an einer zur Erbmasse gehörenden Sache eingeräumt wird.

Vorteile, die das Nießbrauchsrecht einräumt

Mit dem Nießbrauch sind folgende Vorteile für den Eigentümer und den Nießbraucher verbunden:

  1. Vorteile für den Eigentümer

    • Die Nießbrauchssache bleibt im Eigentum des Eigentümers
    • Er kann vom Nießbraucher ein Entgelt für die Einräumung des Nießbrauchs verlangen
    • Bei Schenkung + Nießbrauch vermeidet der Übergeber die Schenkungssteuer evtl. ganz oder teilweise
  2. Vorteile für den Nießbraucher
    • Mit dem Nutzungsobjekt darf er wirtschaftlichen Gewinn erzielen
    • Schenkung + Nießbrauch regelt steueroptimiert das Erbe frühzeitig mit gleichzeitiger wirtschaftlicher Absicherung des Übergebers
    • Dem Übergeber kann diese Übertragungsform einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglichen (z.B. bei selbstständigen Handwerkern mit Werkstatt und Kundenstamm oder bei Landwirten mit eigenem Hof)

Welche Rechte und Pflichten bestehen beim Nießbrauch?

Die Vereinbarung eines Nießbrauchs beinhaltet für beide Seiten – Eigentümer und Nutzer – Rechte und Pflichten.

  1. Rechte des Eigentümers

    • Verfügungsrecht: Die Nießbrauchssache kann jederzeit verkauft werden, auch ohne Einwilligung des Nießbrauchers
    • Beschränkungsrecht: Der Eigentümer kann bei entsprechender vertraglicher Regelung das Nutzungsrecht räumlich und zeitlich beschränken
  2. Pflichten des Eigentümers
    • Außergewöhnliche Kosten für Sanierung, Modernisierung und Unterhalt (z.B. neue Heizungsanlage, Sanierung der Elektro- oder Sanitärinstallation, wie sie auch vom Vermieter eines Hauses übernommen werden müssten).
    • Von der Kommune erhobene Erschließungskosten (z.B. Anschluss der Immobilie an das öffentliche Versorgungsnetz).
  3. Rechte des Nießbrauchers
    • Persönliche Nutzung
    • Wirtschaftliche Nutzung und Gewinnerzielung
  4. Pflichten des Nießbrauchers
    • Erhalt der Nießbrauchssache im Rahmen seiner Zweckbestimmung (Reparatur- und Renovierungsarbeiten, Gebäudeversicherung gegen Brand- und Wasserschäden etc.)

Weitere Bestimmungen des Nießbrauchsrechts

Neben den erwähnten Regelungen des Nießbrauchrechts, die Rechte und Pflichten ebenso enthalten wie Vorteile und Nachteile für Nießbraucher und Eigentümer sind folgende Merkmale zu erwähnen:

  • Nießbrauch kann sowohl zeitlich begrenzt als auch lebenslang vereinbart werden. Eine zeitliche Begrenzung muss im Nießbrauchsvertrag festgelegt werden. Keine Erwähnung einer zeitlichen Begrenzung bedeutet, dass das Nutzungsrecht lebenslang gilt.
  • Der Nießbraucher kann sein Recht nicht weiterverkaufen. Es lässt sich auch nicht vererben (§ 1030 BGB).
  • Das Nutzungsrecht endet spätestens mit dem Tod des Nießbrauchers, sofern nicht eine zeitliche Begrenzung vereinbart wurde.
  • Das Nutzungsrecht endet nicht, wenn der Nießbraucher arbeitsunfähig wird oder in ein Pflegeheim kommt.
  • Das Nutzungsrecht des Nießbrauchers bleibt bestehen, wenn der Eigentümer stirbt oder die Eigentümerstellung des Nutzungsgegenstandes wechselt.
  • Zieht der Nutzer aus der zum Nießbrauch gewährten Wohnung aus, verliert er dennoch nicht das Nießbrauchsrecht, d.h. er kann durch Vermietung Einnahmen erwirtschaften.

Ein Nutzungsrecht kann auch

  • im beiderseitigen Einvernehmen gelöscht werden (u.U. mit Abfindungszahlung). Eine Löschung des Nutzungsrechts im Grundbuch ist nur mit Einverständnis des Nutzers möglich.
  • entzogen werden, wenn schwere wirtschaftliche Nachteile des Eigentümers drohen, wenn er beispielsweise zum Sozialfall wird.
  • ohne Zustimmung des Nutzers widerrufen werden, wenn bereits bei Abschluss des Nießbrauchsvertrags eine Rückauflassungsvormerkung zu Gunsten des Eigentümers vereinbart wurde. Hierbei sind die Bedingungen im Vertrag zu nennen, unter welchen der Widerruf erfolgen kann.

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