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Weitere Bebauungsmöglichkeiten innerhalb bebauter Ortsteile durch städtebauliche Satzungen

Inhaltsverzeichnis

Welche zusätzlichen Bebauungsmöglichkeiten bieten städtebauliche Satzungen im Baugesetzbuch?

Bereits im vorherigen Artikel dieser Serie ging es um Bebauungsmöglichkeiten innerhalb bebauter Ortsteile . Darin haben wir ausführlich geschildert, welche Bedingungen ein Bauvorhaben in einem bebauten Gebiet erfüllen muss, wenn kein Bebauungsplan existiert. Zulässig ist ein solches Vorhaben, wenn es den folgenden Voraussetzungen nach § 34 Abs. 1 BauGB entspricht:

  • Es fügt sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein,
  • die Erschließung ist gesichert,
  • es wahrt gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse,
  • das Ortsbild wird nicht beeinträchtigt.

§ 34 BauGB regelt jedoch nur die Zulässigkeit von Bauvorhaben innerhalb der „im Zusammenhang bebauten Ortsteile“. Davon zu unterscheiden sind beispielsweise Splittersiedlungen, Freiflächen mit eigenständiger Qualität sowie Grundstücke am Ortsrand, welche bereits zum unbebaubaren Außenbereich zählen.

Im Grundgesetz ist die Planungshoheit der Gemeinden verankert (Art. 28 Abs. 2 GG). Aus diesem Grund sehen auch die §§ 34 und 35 BauGB die Möglichkeit für die Gemeinde vor, die Zulässigkeit von Bauvorhaben durch den Beschluss einer Satzung zu bestimmen. Durch eine solche Satzung können dann auch Grundstücke bebaubar werden, die es eigentlich aufgrund ihrer Lage nicht wären, eben weil sie etwa am Ortsrand oder in einer Splittersiedlung im Außenbereich liegen.

Folgende Satzungstypen werden dabei unterschieden:

  • die Klarstellungssatzung (§ 34 Abs. 4 Nr. 1 BauGB),
  • die Entwicklungssatzung (§ 34 Abs. 4 Nr. 2 BauGB),
  • die Ergänzungs-/Einbeziehungssatzung (§ 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB) und
  • die Außenbereichssatzung (§ 35 Abs. 6 BauGB).

Regelung zur Klarstellungssatzung gemäß Baugesetzbuch

Der erste Satzungstyp in § 34 Abs. 4 BauGB ist die sogenannte Klarstellungssatzung: 

Die Gemeinde kann durch Satzung die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen […].

Mit einer Klarstellungssatzung legt die Gemeinde die Grenzen eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils fest. Diese Satzung ist allerdings nur deklaratorisch; ihre praktische Bedeutung bekommt sie erst im Zusammenhang mit der Ergänzungs-/Einbeziehungssatzung.

Regelung zur Entwicklungssatzung gemäß Baugesetzbuch

Der zweite Satzungstyp in § 34 Abs. 4 ist wie folgt geregelt: 

Die Gemeinde kann durch Satzung […] bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind […].

Durch den Beschluss einer sogenannten Entwicklungssatzung können Splittersiedlungen im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festgelegt werden. Dadurch wird eine weitere Bebauung möglich – ohne die Satzung wäre diese nach § 34 Abs. 1 BauGB dagegen ausgeschlossen, weil eine Splittersiedlung die Anforderungen an einen Ortsteil nicht erfüllt.

Eine solche Satzung kann für kleinere Splittersiedlungen aus städtebaulicher Sicht durchaus sinnvoll sein, damit Baulücken geschlossen oder auch vereinzelte Gebäude am Rand der Siedlung errichtet werden können. Die Voraussetzung für die Entwicklungssatzung ist allerdings, dass das Baugebiet im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt ist; oftmals scheitert die Umsetzung am Widerstand der übergeordneten Behörden und hat daher wenig praktische Bedeutung.

Regelung zur Ergänzungs-/Einbeziehungssatzung gemäß Baugesetzbuch

Der dritte Satzungstyp in § 34 Abs. 4 BauGB ist die sogenannte Ergänzungs- oder Einbeziehungssatzung: 

Die Gemeinde kann durch Satzung […] einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.

Mithilfe dieser Satzung können einzelne Flächen, die zum Außenbereich gehören, in den bebauten Innenbereich mit eingezogen werden. Entsprechend ist durch diese Satzung dann eine Bebauung dieser Grundstücke zulässig. Die Zulässigkeit des Bauvorhabens richtet sich nach § 34 Abs. 1 BauGB.

Voraussetzung für den Beschluss einer Ergänzungs-/Einbeziehungssatzung ist, dass die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung der umgebenden Grundstücke entsprechend geprägt sind. Im Geltungsbereich der Satzung müssen sich die Bauvorhaben also an der baulichen Nutzung des angrenzenden Innenbereichs orientieren. 

Im Gegensatz zu früher ist es nicht mehr erforderlich, dass die Grenzlinie zwischen Innen- und Außenbereich durch eine solche Satzung nur abgerundet wird. Deshalb können nicht mehr nur einzelne Grundstücke, sondern auch größere Außenbereichsflächen in den Innenbereich einbezogen werden – sofern die oben genannte Voraussetzung erfüllt ist.

Regelung zur Außenbereichssatzung gemäß Baugesetzbuch

Eine weitere Satzung, die eine Gemeinde aufstellen kann, um die Bebauungsmöglichkeiten in ihrem Gebiet zu erweitern, ist die sogenannte Außenbereichssatzung, die in § 35 Abs. 6 BauGB geregelt ist: 

„Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. […]“

Diese Vorschrift besagt, dass auch im Außenbereich Wohnbebauung ausnahmsweise zugelassen werden kann, wenn die Gemeinde eine entsprechende Satzung erlässt. Das ist allerdings nur für Baugebiete möglich, die zwei Bedingungen erfüllen: Sie dürfen nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sein und es muss bereits „eine Wohnbebauung von einigem Gewicht“ vorhanden sein. Was „einiges Gewicht“ bedeutet, ist eine Einzelfallentscheidung; es kann aber schon eine Anzahl von vier Wohnhäusern genügen.

Außerdem kann nur die Zulässigkeit von Bauvorhaben bestimmt werden, welche:

  • die öffentlichen Belange nicht beeinträchtigen, 
  • dem Flächennutzungsplan nicht widersprechen und 
  • voraussichtlich nicht zur Entstehung einer Splittersiedlung führen. 

Im Unterschied zu den anderen drei Satzungstypen bleiben die durch die Außenbereichssatzung erfassten Flächen auch weiterhin dem Außenbereich zugeordnet; die Satzung erleichtert aber die Zulässigkeit von Ausnahmen nach § 35 Abs. 2 BauGB. Neben Wohnbebauung ist es auch möglich, kleinere Handwerks- und Gewerbebetriebe zuzulassen.

Welche allgemeinen Voraussetzungen müssen diese Satzungen erfüllen?

Natürlich können die oben genannten Satzungen nicht einfach nach Lust und Laune erlassen werden, sondern sie müssen bestimmten allgemeinen Anforderungen genügen, die in § 34 Abs. 5 BauGB sowie § 35 Abs. 6 BauGB geregelt sind. So müssen die Satzungen mit einer übergeordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sein und die Belange des Umweltschutzes berücksichtigen. Sie dürfen außerdem kein Vorhaben begründen, für das eine sogenannte Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist.

In der Entwicklungssatzung und der Ergänzungs-/Einbeziehungssatzung können auch für das Satzungsgebiet zudem einzelne Festsetzungen nach § 9 BauGB (Regelungen zum Inhalt des Bebauungsplans ) getroffen werden, beispielsweise hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung oder der Gebäudegröße. Möchte die Gemeinde allerdings umfangreichere Festsetzungen treffen, ist die Aufstellung eines Bebauungsplans notwendig.
 

Serie Bebauungsplan auf Immoportal.com

Wo, was und wie darf gebaut werden? In unserer Serie beleuchten wir die vielfältigen Aspekte der planungsrechtlichen Zulässigkeit. Bekommen Sie einen Überblick zum Thema und erfahren Sie in weiteren Artikeln,

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