Der kritische Moment beim Besitzerwechsel von Wohnimmobilien: die Abnahme.

Inhaltsverzeichnis

Abnahme und Übergabe - wo sich unterschiedliche Interessen treffen.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das gilt ganz besonders bei der Übergabe bzw. Abnahme der Immobilie, die Sie gekauft haben. Denn schon die beiden Begriffe Übergabe und Abnahme verdeutlichen zwei unterschiedliche Positionen mit zum Teil erheblichen Unterschieden der Interessen:

  • Die Position der Abnahme vertreten Sie: Ihr Interesse ist es, ein Bauwerk im vertraglich vereinbarten und zugesicherten Zustand zu erhalten. Denn nur dafür haben Sie den Kaufpreis vereinbart. 
  • Bei der Übergabe an Sie möchte der  Immobilienverkäufe einer Gebraucht-Immobilie oder eines neu errichteten Eigenheims den Verkauf möglichst rasch und reibungslos abschließen, um die letzten Außenstände bei Ihnen einfordern zu können.

Es liegt in der Natur der Sache, dass hier oftmals Meinungsverschiedenheiten über den vertraglich vereinbarten Zustand der Immobilie auftreten, die nicht selten vor Gericht enden. Das kostet Zeit und Geld und verdirbt Ihnen als Immobilienkäufer allzu leicht die Freude an Ihrer neu erworbenen Wohnimmobilie. Daher gilt: Seien Sie penibel bei der Kontrolle des Gebäudezustands und lassen Sie alle Baumängel im so genannten Übergabe-Protokoll vermerken.

Was man schwarz auf weiß besitzt …

… kann man getrost nach Hause tragen. Dieses Goethe-Zitat (Faust 1) gilt auch für das  Abnahme-Protokoll. Das ist ein sehr wichtige Dokument und wird bei der förmlichen Abnahme angefertigt, die Sie mit dem Bauträger oder dem Noch-Besitzer einer Alt-Immobilie vereinbaren. Die Abnahme erfolgt in einer gemeinsamen Begehung der beiden Vertragsparteien und im Beisein des Architekten oder Fachingenieurs. Sie sind gut beraten, wenn Sie sich von einem Sachverständigen begleiten lassen, der Ihre Interessen vertritt und den erfahrenen Blick auch für versteckte Baumängel hat. Denn ist das Abnahme-Protokoll erst einmal unterschrieben, hat das grundlegende rechtliche Folgen:

  • Fälligkeit der noch ausstehenden Vergütungen des Bauträgers (§ 641 BGB).
  • Umkehr der Beweislast vom Alt-Eigentümer/Bauträger auf den Bauherrn/Immobilienkäufer hinsichtlich des Gebäudezustandes gemäß den  vertraglich vereinbarten Bedingungen. 
  • Beginn der Verjährungsfrist hinsichtlich der i.d.R. fünfjährigen Mängelgewährleistung (§§ 638, 634 a Abs. 2 BGB).
  • Übertragung des Risikos auf denBauherrn/Immobilienkäufer bei Verschlechterung bzw. Untergang der Bauleistung .
  • Löschung des Erfüllungsanspruchs des Auftraggebers. Nachträgliche festgestellte Mängel erfolgen im Rahmen eines Nachbesserungsanspruchs oder der Gewährleistung (§§ 633, 634 BGB). 

Im Abnahme-Protokoll werden folgende Punkte festgehalten:

  • festgestellte Mängel
  • Vorbehalte wegen Vertragsstrafe
  • Minderungen für nicht zu beseitigende Mängel
  • Termin zur Mängelbeseitigung
  • Beginn (Abnahmedatum) und Ende (z. B. 5 Jahre nach Abnahmedatum) der Verjährungsfrist der Mängelansprüche

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Bei Neubau und Umbau: Übergabe mit klaren Regeln.

Wenn Sie ein neu erbautes Haus oder Eigentumswohnung erwerben oder an einer bestehenden Wohnimmobilie umfangreiche Umbauten vornehmen lassen, sind Ihre Vertragspartner in der Regel Bauunternehmen oder Bauträger. Zudem handelt es sich um ein Objekt, das im Zuge eines voranschreitenden Bauprozesses völlig oder zu großen Teilen neu errichtet wurde. Folglich ist das Potenzial fehlerhafter Arbeit sehr hoch. Aus diesem Grund unterliegt die Bau-Abnahme zahlreichen Regeln. Die meisten der zu beachtenden Regeln sind im reformierten Bauvertragsrecht von 2018 festgehalten. Ältere Versionen, z.B. die Regeln von 2017, sind nicht mehr gültig! 

Im Gegensatz dazu ist die Übergabe bei einer Gebraucht-Immobilie rechtlich weniger geregelt, da es sich um eine weitgehend „unveränderliche Sache“ handelt, d.h. dass Baumängel in Art und Umfang wie bei einem Neubau nicht zu erwarten sind. 

Förmliche Übergabe am Ende aller Arbeiten besser als Teilabnahmen.

Neubau-Wohnimmobilien sind stets in mehrere Gewerke aufgeteilt. Deshalb wird dem Bauherrn/Auftraggeber mitunter angeboten, Teilabnahmen zu vereinbaren, beispielsweise zunächst für den Rohbau und dann jeweils mit Abschluss der Arbeiten des jeweiligen Gewerks der Heizungs-, Sanitär-, Elektroinstallation sowie Gipser- und Maler-Arbeiten. Damit behalten Sie zwar den Überblick und können frühzeitig eventuelle Baumängel zur Beseitigung reklamieren. Trotzdem ist davon abzuraten, weil 

mit der Unterschrift des Teilabnahmeprotokolls der Leistungserbringer hinsichtlich Baumängeln ab diesem Zeitpunkt entlastet wird, obwohl der Gesamtbau noch nicht abgeschlossen ist. 

  • die Beweislast auf den Auftraggeber übergeht.
  • ab diesem Zeitpunkt auch die fünfjährige Gewährleistungsfrist beginnt. Bei mehreren terminlich unterschiedlichen Teilabnahmen haben Sie daher auch mehrere Gewährleistungsfristen, an deren Ende jeweils die Verjährung steht. 

Unser Tipp: Besser ist eine Gesamtabnahme am Ende und zum Abschluss aller Bauarbeiten in Begleitung eines von Ihnen beauftragten Sachverständigen. 

Manchmal glauben Bauherren, die Bauabnahme aufgrund von triftigen Gründen hinauszögern zu können. Die o.g. Gesetzesreform erschwert diese Verweigerungshaltung, da ja durch das Abnahmeprotokoll alle noch zu erledigenden Baumängel dokumentiert werden. Der Bauträger/Bauunternehmer kann in einem solchen Fall die Abnahme schriftlich verlangen und dabei den Bauherrn auf die gesetzlichen Konsequenzen bei Verweigerung hinweisen.  Kommt die förmliche Abnahme dennoch nicht zustande, dann gilt eine so genannte „fiktive Abnahme“ und der Bauherr bleibt im Zweifel auf dem Baumangel sitzen, dessen Behebung er eigentlich durch seine Verweigerungshaltung erzwingen wollte.

Abnahme von Gemeinschaftseigentum in Eigentums-Wohnanlagen

Im Fall des Kaufs einer Wohnung in einer neu errichteten Mehrparteien-Wohnanlage kommt für jeden Käufer automatisch der Erwerb von Gemeinschaftseigentum hinzu, das ebenfalls abgenommen werden muss. Hierzu sagt der Gesetzgeber, dass jeder Käufer von Sondereigentum (also einer Wohnung) auch das Gemeinschaftseigentum mit abnehmen muss (§ 640 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das gilt für jeden einzelnen Wohnungseigentümer. Eine Verlagerung der Abnahme auf einen Erstverwalter,  einen Sachverständigen oder die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist nicht zulässig (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Die Abnahme bei Gebraucht-Immobilien: Abnutzung und Verschleiß.

Der Verkaufsprozess einer Alt-Immobilie kann sich vom ersten Besichtigungstermin über den Kaufvertrag bis zur Übergabe über einen langen Zeitraum hinziehen. Dennoch ist die Abnahme von Gebraucht-Immobilien zumeist weniger kompliziert, da Baumängel wie bei Neubauten kaum zu befürchten sind. Dennoch gibt es auch hier Fallen, die es zu umgehen gilt. 

    

Im Notarvertrag ist oft die Klausel zu finden, die dem Alt-Eigentümer für die Zeit bis zur Schlüsselübergabe einen „Verschleiß durch normalen Gebrauch“ einräumt. 

    

Deshalb sollten Sie bei Besichtigung(en) noch vor Unterzeichnung des Kaufvertrags Fotos anfertigen, die sowohl den Allgemeinzustand der Gebraucht-Immobilie dokumentieren, als auch Teilansichten und besonders beachtenswerte Details. Wenn Sie also der Meinung sind, dass bei der Schlüsselübergabe der Verschleiß deutlich über den normalen Gebrauch hinausgeht, haben Sie Beweismittel an der Hand, die für die Beurteilung durch einen Bau-Sachverständigen wertvoll sind und für allfällige Forderungen nach Beseitigung  bzw. Wertminderung entscheidend sein können.

Die Bauabnahme - kurz und bündig

Vor Abnahme: 

  • Bestehen des Bauherrn auf einer förmlichen Bauabnahme mit Begehung vor Ort
  • Keine Verpflichtung der Abnahme durch den Bauherrn bei weitreichender Nicht-Fertigstellung des Hauses
  • Verpflichtung des Bauherrn zur Abnahme auch bei kleineren Baumängeln, die im Übergabe-Protokoll dokumentiert werden. Bei Weigerung des Bauherrn Recht des Unternehmers auf „fiktive Abnahme“

Nach Abnahme: 

  • Anspruch des Unternehmers auf Endabrechnung
  • Übergang der Beweispflicht auf Bauherrn 
  • Übergang des Schadenrisikos auf Bauherrn
  • Beginn der fünfjährigen Gewährleistungsfrist mit anschließender Verjährung
  • Kein Anspruch mehr auf Beseitigung der Mängel, wenn im Abnahme-Protokoll nicht aufgeführt
  • Verpflichtung des Eigentümers zur Versicherung des Hauses

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