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Vorkaufsrecht: Schutz für den Mieter

Inhaltsverzeichnis

Wie funktioniert das Vorkaufsrecht?

Das Vorkaufsrecht ist keine Bevorzugung, sondern ein Schutz für den Mieter. Es soll verhindern, dass Mieter aufgrund eines Eigentümerwechsels ihre Wohnung verlieren oder höhere Mieten zahlen müssen. 

Wenn ein Eigentümer also seine vermietete Wohnung verkaufen will, und dem Mieter per Gesetz ein Vorkaufsrecht zusteht, hat dieser die Möglichkeit, die von ihm bewohnte Mietwohnung zu kaufen, bevor ein Dritter sie erwirbt. Die Mieter müssen sich aber nicht sofort entscheiden. Sie haben das Recht, mit Ihrer Verkaufsentscheidung so lange zu warten, bis die Wohnung an einen anderen Verkaufsinteressenten verkauft worden ist. Klingt unfair? Ist aber rechtsgültig.

Laut dem Deutschen Mieterbund muss ein Mieter erst entscheiden, ob er „seine“ Wohnung kaufen will, wenn bereits ein ausgearbeiteter, notariell beglaubigter Kaufvertrag zwischen dem Wohnungsverkäufer und einem Käufer vorliegt, in dem auch der Kaufpreis aufgeführt ist. Er kann dies dann zu den Konditionen tun, die im notariellen Kaufvertrag stehen. Der Mieter hat somit das Recht, in den mit dem Dritten abgeschlossenen Kaufvertrag selbst einzutreten.

Achtung:

Der Mieter hat nicht in jedem Fall ein Vorkaufsrecht. Wird das Haus oder die Wohnung an einen Haushaltsangehörigen oder ein Familienmitglied verkauft, hat der Mieter zum Beispiel kein Vorkaufsrecht (§ 577 BGB, Vorkaufsrecht des Mieters).

Wann hat der Mieter ein Vorkaufsrecht?

Gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) gilt das Vorkaufsrecht für Mieter dann, wenn die Wohnung während des Mietverhältnisses in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde oder werden soll und der Vermieter diese verkaufen möchte.

„Werden vermietete Wohnräume, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist oder begründet werden soll, an einen Dritten verkauft, so ist der Mieter zum Vorkauf berechtigt.” (§ 577 Abs. 1 Satz 1 BGB)

Wann hat der Mieter kein Vorkaufsrecht?

Ein Mieter hat nicht grundsätzlich ein Vorkaufsrecht. In folgenden Fällen muss er nicht zwangsweise in den Verkaufsprozess mit einbezogen werden:

1. Kein Vorkaufsrecht für Mieter bei Verkauf an einen Angehörigen

Das gesetzliche Vorkaufsrecht tritt außer Kraft, wenn der Eigentümer die Wohnräume an ein Familienmitglied oder einen Angehörigen seines eigenen Haushalts verkauft (§ 577 Abs. 1 Satz 2 BGB)

2. Kein Vorkaufsrecht für Mieter bei Erbschaft

Stirbt der Vermieter und möchten die Erben verkaufen, hat der Mieter in der Regel kein Vorkaufsrecht. Nur, wenn die Erben eines Mietshauses die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln und diese dann verkaufen wollen, steht dem Mieter ein Vorkaufsrecht zu. 

Gut zu wissen:

Auch innerhalb einer Erbengemeinschaft besteht kein Vorkaufsrecht eines Erben gegenüber einem Dritten. Wird das Erbe von einer Erbengemeinschaft mit drei Parteien angetreten und zwei der Erben wollen es verkaufen, der dritte möchte es aber behalten, so hat dieser kein Vorkaufsrecht. An wen die Immobilie am Ende verkauft wird, müssen alle Parteien der Erbengemeinschaft gemeinsam beschließen. Sollten sie sich nicht einigen, kommt es zu einer Teilungsversteigerung. Hier können alle Erben mitbieten, der Erlös wird geteilt. Bei einer Zwangsversteigerung haben die Miterben ein Vorkaufsrecht.

 

3. Kein Vorkaufsrecht für Mieter bei erneutem Verkauf der Wohnung

Wurde dem aktuellen Mieter die Wohnung bereits vor seinem Einzug zum Kauf angeboten beziehungsweise wird die Wohnung nach Umwandlung in Sondereigentum erneut veräußert, hat der Mieter kein Vorkaufsrecht. Der Grund: Das Vorkaufsrecht für den Mieter gilt nur beim Erstverkauf und ist einmalig.

4. Kein Vorkaufsrecht für Mieter bei Verkauf eines Mehrfamilienhauses

Wird ein Mehrfamilienhaus im Ganzen verkauft, haben Mieter kein Vorkaufsrecht. Nur, wenn die Wohnungen während des laufenden Mietvertrags per Teilungserklärung in einzelne Eigentumsanteile umgewandelt wurden, gilt das Vorkaufsrecht für Mieter.

5. Kein Vorkaufsrecht für Mieter bei Verkauf eines Einfamilienhaus

Bewohnt der Mieter ein Einfamilienhaus, das verkauft werden soll, hat er kein gesetzliches Vorkaufsrecht, da sich § 577 BGB auf die Umwandlung von vermietetem Wohnraum in Wohneigentum bezieht. Eine Ausnahme besteht, wenn im Grundbuch ein dingliches Vorkaufsrecht für den Mieter eingetragen wurde (§ 1094 BGB).

6. Kein Vorkaufsrecht für Mieter bei Verkauf von Nichtwohnräumen

Handelt es sich bei dem vermieteten Raum nicht um Wohnraum, sondern beispielsweise um Gewerberäume, hat der Mieter im Falle eines Verkaufs kein Vorkaufsrecht. Denn § 577 BGB bezieht sich ausdrücklich auf Wohnräume.

Vorkaufsrecht ausüben: Was müssen Mieter tun?

Sie bewohnen eine Mietwohnung, die nun zum ersten Mal verkauft werden soll? Dann steht Ihnen per Gesetz ein Vorkaufsrecht zu (§ 577 BGB). Möchten Sie von diesem Recht Gebrauch machen, können Sie sich erst einmal zurücklehnen. Denn zunächst handeln Verkäufer und potenzieller Käufer einen Vertrag aus. Danach ist der Verkäufer gesetzlich verpflichtet, seinem bisherigen Mieter – also Ihnen – den geschlossenen Kaufvertrag vorzulegen. 

Sind Sie an der Eigentumswohnung zu den gegebenen Konditionen im Kaufvertrag interessiert, haben Sie das Recht, die Immobilie zu den gleichen Bedingungen käuflich zu erwerben, die der Dritte zuvor ausgehandelt hat. Dieses Vorkaufsrecht steht Ihnen bei Grundstücken bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Empfang der Mitteilung zu, bei anderen Gegenständen nur bis zum Ablauf einer Woche (§ 469 Abs. 2 BGB). 

Ihre Kaufabsicht müssen Sie dem Vermieter in einer schriftlichen Erklärung mitteilen.  Dann wird ein neuer Kaufvertrag zwischen Ihnen und dem Verkäufer aufgesetzt – mit den gleichen Konditionen. Der Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Dritten ist aber weiterhin wirksam. Deshalb behält sich der Verkäufer ein Rücktrittsrecht gegenüber dem Dritten vor, für den Fall, dass Sie Ihr Vorkaufsrecht wahrnehmen.

Achtung:

Das Vorkaufsrecht gilt nur bei einem Erstverkauf der Wohnung. Sollte die Wohnung bereits während des Mietverhältnisses verkauft worden sein und der Mieter hat damals auf sein Vorkaufsrecht verzichtet, so gilt es bei einem späteren Weiterverkauf nicht mehr.

Vorkaufsrecht verwehrt: Haben Mieter Anspruch auf Schadensersatz?

Ja, haben sie. Hat der Vermieter es versäumt, den Mieter bei einem geplanten Wohnungsverkauf rechtzeitig über sein Vorkaufsrecht zu informieren oder verwehrt er es ihm gar, so hat der Mieter Anspruch auf Schadensersatz. Laut dem Bundesgerichtshof hat er dann Anspruch auf einen Schadensersatz in Höhe des entgangenen Gewinns. 

Beispiel: Ein Eigentümer eines Mehrfamilienhauses wandelt das Haus in Eigentumswohnungen um und verkauft eine Wohnung für 300.000 Euro an einen Dritten, ohne den Mieter über den Verkauf zu informieren.Nach einem Jahr bietet die neue Eigentümerin dem „alten” Mieter die Wohnung für 350.000 Euro zum Kauf an. Der Mieter hat nun Anspruch auf einen Schadenersatz in Höhe von 50.000 Euro.

Mieter oder Gemeinde: Wer kann ein Vorkaufsrecht ausüben?

Mieter, deren Wohnung zum Erstverkauf steht, haben in der Regel ein Vorkaufsrecht (§ 577 BGB). Es kann jedoch sein, dass auch die Gemeinde ein Vorkaufsrecht hat – ein sogenanntes öffentlich-rechtliches Vorkaufsrecht (§§ 24 bis 28 BGB). Dieses Vorkaufsrecht stellt einen Sonderfall dar, da es nicht im Grundbuch eingetragen ist. Immobilieneigentümer wissen deshalb manchmal gar nichts vom Vorkaufsrecht ihrer Gemeinde.

Sie erfahren vom kommunalen Vorkaufsrecht an einem bebauten oder unbebauten Grundstück erst dann, wenn sie sich mit dem Käufer einig geworden sind und den Termin beim Notar zur Unterzeichnung des Kaufvertrags ausgemacht haben. Bei der Unterzeichnung des Kaufvertrags muss der Notar nach der Beurkundung zu einer Vorkaufrechtsanfrage der Stadt oder Gemeinde informieren.

Um keine Überraschung zu erleben, sollten Verkäufer daher bereits in der Vorbereitungsphase eines Immobilienverkaufs ein sogenanntes Negativzeugnis, auch Negativbescheinigung oder Negativattest genannt, einholen. Die Gemeinde bestätigt damit, dass kein Vorkaufsrecht besteht oder sie von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch macht.

Möchte die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht wahrnehmen, hat der geschädigte Dritte gegebenenfalls ein Recht auf Entschädigung.

Gut zu wissen:

Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Gemeinden ihr Vorkaufsrecht nicht ausüben. Zum Beispiel, wenn der Grundstückseigentümer sein Grundstück an Verwandte verkaufen möchte.

Was ist eine Vorkaufsrechtsverzichtserklärung?

Besteht von Seiten der Gemeinde oder Stadt ein öffentlich-rechtliches Vorkaufsrecht, so muss diese in Form einer Vorkaufsrechtsverzichtserklärung (Negativattest) dem Grundbuchamt bestätigen, dass sie von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch macht. Anschließend kann der neue Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden.

Welche Fristen müssen beim Vorkaufsrecht eingehalten werden?

Das Vorkaufsrecht unterliegt gesetzlichen Fristen. So ist der Verkäufer dazu verpflichtet, „dem Vorkaufsberechtigten den Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen Vertrages unverzüglich mitzuteilen.” (§ 469 Abs. 1BGB)

Aber auch der Vorkaufsberechtigte muss danach schnell reagieren und entscheiden, ob er sein Vorkaufsrecht in Anspruch nehmen möchte. So steht ihm das Vorkaufsrecht bei Grundstücken nur bis zum Ablauf von zwei Monaten, bei anderen Gegenständen nur bis zum Ablauf einer Woche nach dem Empfang der Mitteilung zu (§ 469 Abs. 2 BGB).

Vorkaufsrecht ins Grundbuch eintragen lassen?

Die Eintragung eines dinglichen Vorkaufsrechtes in das Grundbuch ist eine Art Absicherung, geregelt in den §§ 1094 bis 1104 BGB. So kann mit einem dinglichen Vorkaufsrecht der Vorkaufsberechtigte nicht umgangen werden, auch dann nicht, wenn der Erstkäufer schon ins Grundbuch eingetragen wurde.

Die beteiligten Parteien müssen dafür eine entsprechende Vereinbarung treffen und diese unterzeichnen. Das Grundbuchamt trägt diese Vereinbarung dann ins Grundbuch ein. Es ist ratsam, diesen Vorgang in Begleitung eines Notars durchzuführen, da er die formellen Voraussetzungen und Abläufe kennt.

Hinweis:

Ein dingliches Vorkaufsrecht kann nur für unbewegliche Sachen, also ein Grundstück eingetragen werden – nicht für die darauf befindlichen Gebäude.

Erfahren Sie hier, welche Vorkaufsrechte es noch gibt.

Wann erlischt ein eingetragenes Vorkaufsrecht?

Ein eingetragenes Vorkaufsrecht im Grundbuch erlischt, wenn der entsprechende Eintrag aus dem Grundbuch gelöscht wird. Damit es dazu kommt, ist eine Löschungsbewilligung des Vorkaufsberechtigten erforderlich sowie ein Antrag an das Grundbuchamt – sei es vom Eigentümer oder vom Vorkaufsberechtigten.

Auch wenn die Immobilie den Eigentümer anders wechselt als durch einen Verkauf, beispielsweise durch eine Schenkung, kann das Vorkaufsrecht erlöschen. In diesem Fall kann der neue Eigentümer eine Korrektur des Grundbuches veranlassen. Vorkaufsrechte können nicht vererbt oder übertragen werden. Mit dem Tod des Vorkaufsberechtigten erlöschen sie daher. Eine Ausnahme besteht, wenn im Testament eine andere Vorgehensweise bestimmt wurde.

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