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Immobilienerbe Schweiz: Ratgeber für Erbgemeinschaften

Inhaltsverzeichnis

1. Was ist eine Erbengemeinschaft in der Schweiz?

In einem Todesfall kommt es sehr oft vor, dass mehrere Verwandte gemeinsam das Erbe übernehmen. Ab dem Todeszeitpunkt bilden diese eine sogenannte Erbengemeinschaft (Art. 602 ZGB). Rechtlich gesehen besitzen sie das Erbe im Gesamteigentum. Das heißt: Alle Entscheide, die das Erbe betreffen, können die Erben nur gemeinsam fällen, ob sie wollen oder nicht. Dies gilt auch unabhängig davon, wer welchen Teil der Erbschaft zugut hat. Stellt sich bloß einer von mehreren Erben quer, sind alle Beschlüsse und Entscheidungen blockiert. Im Extremfall ist die Erbengemeinschaft sogar handlungsunfähig. Solche Blockaden verzögern die Erbteilung und mindern unter Umständen sogar den Wert des Nachlasses.

2. Immobilienerbgemeinschaft in der Schweiz: Wer kann was bestimmen?

Gerade bei Liegenschaften führt böses Blut unter den Erben oft zu Problemen und schadet letztlich den gemeinsamen Interessen. Denn bei Immobilien ist im Alltag viel Organisatorisches zu regeln. So müssen zum Beispiel Betrieb, Verwaltung, Reparaturen und Vermietung sichergestellt sein. Handelt es sich um ein Objekt mit vermieteten Wohnungen, Zimmern oder Garagen, sind weiterhin die Mietzinse einzuziehen. Vielleicht muss sogar eine leer stehende Wohnung neu ausgeschrieben und vermietet werden.

Das Einstimmigkeitsprinzip

Alle wesentlichen Handlungen wie Verträge mit Handwerkern oder Banken, Entscheide über Mietverträge und die Nutzung der Immobilie müssen von der Erbengemeinschaft gemeinsam und einstimmig gefällt werden.
Grundsätzlich sind Verträge von allen Erben zu unterzeichnen. Auch Maßnahmen wie Verkauf, Umbau oder Sanierung darf eine Erbengemeinschaft nur beschließen, wenn sich alle ohne Ausnahme einverstanden erklären. Sobald es mehrere Erben gibt – wie Verwandte im Ausland, mehrere Tanten und Onkel und Kinder von Miterben – wird es sehr kompliziert.

Ausnahmen

Es gibt allerdings eine wichtige Ausnahme vom Einstimmigkeitsprinzip, die gerade bei Liegenschaften sehr relevant ist: Gemeint sind besondere Umstände, gewissermaßen «Notfälle». So darf jedes Mitglied der Erbengemeinschaft selbstständig Reparaturaufträge erteilen, wenn ein Sturm das Dach der Nachlassliegenschaft abdeckt. Genau gleich liegt der Fall, wenn mitten im Winter die Heizung ausfällt. Formell handlungsunfähig ist eine Erbengemeinschaft auch dann, wenn einzelne Erben nicht auffindbar sind.

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3. Wie können Immobilienerbgemeinschaften die Verwaltung vereinfachen?

Vollmacht

Um handlungsfähig zu bleiben beziehungsweise schnell Entscheidungen treffen zu können, ist es oft zweckmäßig, einer oder mehreren Personen die Vollmacht einzuräumen, die Erbengemeinschaft nach außen zu vertreten. Dieses Recht kann unterschiedlich gestaltet sein, etwa für bestimmte Bankgeschäfte (Vollmacht über ein Konto), im Hinblick auf die Verwaltung der Liegenschaft oder in einem noch umfassenderen Sinne. Für eine solche Vollmacht wiederum ist in der Schweiz die Zustimmung aller Erben notwendig. Dabei ist auch hier eher von einem labilen Gleichgewicht auszugehen – denn entzieht ein einziger Erbe der bevollmächtigen Person das Vertrauen, kann die Vollmacht widerrufen werden.

Willensvollstrecker

Bei Uneinigkeit steht jedem Erben noch eine weitere Möglichkeit offen: Er ist berechtigt, bei der zuständigen Behörde die Einsetzung eines Erbenvertreters zu beantragen (Art. 602 Abs. 3 ZGB). Dieser Schritt erübrigt sich, wenn der Erblasser einen Willensvollstrecker bestellt hat. Viele Probleme lassen sich ausräumen, wenn der Erblasser im Testament einen Willensvollstrecker einsetzt. Zu dessen Aufgaben gehört es vor allem, das Nachlassvermögen bis zur definitiven Teilung zu verwalten und die Bestimmungen des Testaments umzusetzen. Der Erblasser ist frei, eine Institution oder Person seines Vertrauens dazu einzusetzen; so kommt eine Fachperson infrage (Anwalt oder Notar), eine Institution oder auch ein Mitglied der Familie. Handelt es sich um einen Miterben, ist allerdings daran zu denken, dass dieser in Interessenkonflikte geraten könnte. Interessenkonflikte lassen sich nur vermeiden, wenn der Willensvollstrecker wirklich unabhängig und neutral agiert.

4. Immobilienerbe: Vermögen oder Schuldenberg?

Grundsätzlich übernimmt in der Schweiz die Erbengemeinschaft auch die Schulden des Erblassers. Bei Immobilien ist daher immer auch nachzuforschen, ob offene Rechnungen zum Vorschein kommen könnten. Darüber hinaus sind viele Liegenschaften mit Hypothekarschulden von Banken oder anderen Gläubigern belastet. Die einzelnen Erben haften solidarisch für Schulden. Jeder Erbe und jede Erbin haftet sogar mit dem persönlichen Vermögen für Schulden der verstorbenen Person. Gläubiger, also zum Beispiel eine Bank, können sowohl an die Erbengemeinschaft als auch an die einzelnen Erben gelangen. Die Erben werden in vielen Fällen die Finanzlage des Erblassers nicht im Detail kennen. Dabei ist die Sorge berechtigt: Hat man nun ein Vermögen oder eher einen Schuldenberg geerbt? Wegen dieser Haftung stehen den Erben verschiedene Möglichkeiten offen. Sie sind berechtigt, ein öffentliches Inventar zu verlangen. Im Extremfall steht es ihnen frei, die Erbschaft sogar auszuschlagen. Dafür steht ihnen eine Frist von drei Monaten ab Kenntnis des Todesfalls zu. Verpassen sie diese Frist, gilt die Erbschaft grundsätzlich als angenommen.

Wichtig ist daher, sich möglichst rasch einen Überblick zu verschaffen. Die letzte Steuererklärung der verstorbenen Person, Auszüge von Banken oder auch ein Auszug aus dem Betreibungsregister geben dazu wichtige Anhaltspunkte. In der Regel wird von Amtes wegen ein Steuerinventar erstellt, das auch Schulden verzeichnet. Besteht der Nachlass zu einem wesentlichen Teil aus Immobilien, ist eine Überschuldung mit Bankkrediten allerdings eher unwahrscheinlich. Gewiss ist jeder Einzelfall genauer zu prüfen. Aber die meisten privaten Liegenschaftsbesitzer leisten im Lauf der Jahre Kreditamortisationen, während der Wert von Liegenschaften in den letzten Jahren zugleich gestiegen ist. Per Saldo wird die Aktivseite also höher liegen als die Passiva, und es gibt keinen Anlass, die Erbschaft auszuschlagen.

5. Wie wird in der Schweiz ein Immobilienerbe geteilt?

Eine Erbengemeinschaft ist grundsätzlich nicht auf Dauer angelegt. Zudem sind Entscheidungen in der Rechtsform einer Gemeinschaft mit Gesamteigentum grundsätzlich schwerfällig. Sollten sich die Erben nicht finden und einen gemeinsamen Weg zur Verteilung des Erbes gehen, stehen jedem Erben gewisse gesetzliche Rechte zu. Grundsätzlich kann jeder jederzeit an ein Gericht gelangen und die Herausgabe seines Anteils verlangen. Im Rahmen einer Erbteilungsklage kommt es zu einer Versteigerung des Vermögens (Art. 604 ZGB). Der Erlös wird den Erben nach ihrer Quote zugeteilt. Doch wann ist eine Erbteilungsklage sinnvoll? Die Auseinandersetzung über ein Gericht ist aufwendig und mit hohen Kosten verbunden wie Anwalts- und Gerichtsgebühren. In den meisten Fällen ist eine Erbteilungsklage nur sinnvoll, wenn es tatsächlich um ein größeres Vermögen geht und die Erbengemeinschaft sich anderweitig nicht finden kann. Nicht zu vergessen ist, dass Schenkungen und Erbschaften oft weitreichende steuerliche Folgen haben.

So ist noch im Rahmen der Nachlassplanung, aber auch bei Entscheidungen innerhalb der Erbengemeinschaft an die Steuern zu denken. Es würde zu weit führen, die verschiedenen Formen von Erbschaftssteuern und die kantonalen Steuertarife detailliert zu erläutern. Allgemein gilt aber:

  • Je enger der Verwandtschaftsgrad zwischen der verstorbenen Person und einem Erben, umso geringer fallen die Erbschafts- oder Schenkungssteuern aus
  • Witwen und Witwen zahlen in der Regel keine Erbschaftssteuern; in den meisten Kantonen sind direkte Nachkommen auch davon befreit oder profitieren zumindest von vergleichsweise tiefen Steuersätzen

Viele wesentliche Fragen sind für Privatpersonen und Laien oft nicht ohne Weiteres zu beantworten. Was ist die Liegenschaft aufgrund der aktuellen Marktlage überhaupt wert? Was wäre das Potenzial des Standorts und des Objekts? – Im Umgang mit einer geerbten Immobilie spielen viele individuelle Faktoren mit. Mithilfe eines lokalen Immobilienexperten lernen Sie, diese richtig einzuschätzen.

6. Schweizer Immobilienerbe: Checkliste für Erbgemeinschaften – kostenlos downloaden

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