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Enteignung: In welchen Situationen greift der Staat nach meinem Haus?

Inhaltsverzeichnis

Enteignung – das Wichtigste im Überblick

  • Die Enteignung durch den Staat beziehungsweise das Land ist in Deutschland grundsätzlich zulässig.
  • Eine Enteignung darf jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen durchgeführt werden.
  • Die von der Enteignung Betroffenen müssen angemessen entschädigt werden.
  • Bei einer Enteignung geht es in der Regel um Immobilien oder Grundstücke.

Was passiert eigentlich bei einer Enteignung?

Einfach erklärt, darf Ihnen der Staat oder die Gemeinde bei einer Enteignung Ihr privates Eigentum zum „Wohl der Allgemeinheit“ entziehen. Meistens geht es hierbei um ein Grundstück oder Haus. Das Recht der Enteignung ist sogar im Grundgesetz verankert. Doch keine Sorge, wer enteignet wird, erhält im Gegenzug natürlich eine angemessene Entschädigung. Bei Häusern entspricht diese für gewöhnlich der Höhe ihres Verkehrswertes. Unterschieden wird zudem zwischen der langfristigen Enteignung oder vorübergehenden Enteignung.

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Wann darf ein Hausbesitzer enteignet werden?

Enteignung klingt erst einmal nach unfairen Machenschaften. Aber keine Angst: Der Staat kann Ihnen nicht von heute auf morgen einfach Ihr Haus wegnehmen. Dieses ist gesetzlich nur dann erlaubt, wenn die Enteignung dem „Wohl der Allgemeinheit“ dient. Was darunter zu verstehen ist, ist allerdings Auslegungssache. Meistens geht es hierbei um Infrastrukturmaßnahmen, wie zum Beispiel den Bau von Straßen oder Schienen.

Eine Enteignung ist daher nur dann gesetzlich zulässig, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Es kann nachgewiesen werden, dass das Grundstück dringend für ein öffentliches Vorhaben gebraucht wird
  • Es gibt keine andere Möglichkeit, das Allgemeinwohl anderweitig zu erreichen
  • Die Enteignung entspricht den Vorgaben eines Bundes- oder Landesgesetzes
  • Der Staat oder das Land haben vorher ein Angebot gemacht, das Grundstück oder die Immobilie vom Eigentümer zu kaufen
  • Der Staat oder das Land haben dem Immobilieneigentümer eine Entschädigung angeboten, entweder den Verkehrswert der Immobilie zu zahlen oder er hat ein geeignetes Ersatzgrundstück angeboten

Es gibt im Übrigen noch einen Fall, wann es dem Land gewährt ist, einen Eigentümer zu enteignen. Das ist dann so, wenn der bisherige Eigentümer seine Immobilie nicht angemessen instandgehalten hat. Handelt es sich hierbei beispielsweise um ein denkmalgeschütztes Gebäude, wie ein Schloss, muss sich der Besitzer um das historische Gebäude kümmern, damit es vor dem Verfall geschützt ist. Tut er das nicht, darf das Land ihm das Gebäude entziehen.

Was ist eine kalte Enteignung?

Bei einer kalten Enteignung, gemeinhin als Zwangsenteignung bezeichnet, wird eine Immobilie unter Wert zwangsverkauft. Dieses kann beispielsweise dann passieren, wenn die Gemeinde ein Ankaufsrecht hat. Oder das Haus aufgrund von Baumaßnahmen in der Nachbarschaft an Wert verloren hat. In diesem Fall würde sich der Verkehrswert der Immobilie auch ohne seinen Verkauf verringern, etwa beim Bau einer Autobahn, eines Klärwerks oder einer Windkraftanlage.

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Wie läuft eine Enteignung ab?

Eine Enteignung kann nicht von heute auf morgen durchgeführt werden. Das Verfahren braucht seine Zeit und durchläuft mehrere Stadien. Und so geht es:

  1. Wenn eine Behörde Interesse an der Enteignung hat, macht sie dem Immobilienbesitzer ein angemessenes Angebot, etwa eine Entschädigung oder ein Angebot für ein Ersatzgrundstück.
  2. Wenn der Eigentümer das Angebot ablehnt, wird das Enteignungsverfahren eingeleitet. Dafür muss die Behörde einen Enteignungsantrag bei der übergeordneten Verwaltungsbehörde stellen, auch Enteignungsbehörde genannt.
  3. Hier dürfen beide Parteien, also der Hauseigentümer und die Behörde, die ihn enteignen will, ihre Sicht der Dinge darstellen.
  4. Danach werden beide Parteien zu einem Termin für die mündliche Verhandlung vorgeladen.
  5. Beim Grundbuchamt beantragt die Enteignungsbehörde nun, dass eine Verfügungs- und Veränderungssperre bezüglich des Grundstücks ins Grundbuch eingetragen wird.
  6. Einigen sich die beiden Parteien während dieser Verhandlung, ist das Verfahren abgeschlossen. Einigen sie sich nicht, liegt die Entscheidung beim Enteignungsausschuss.
  7. Wenn der Enteignungsausschuss dem Antrag zustimmt, schickt die Enteignungsbehörde an alle Beteiligten einen Enteignungsbeschluss.
  8. Die Enteignungsbehörde setzt der untergeordneten Behörde eine Frist, innerhalb derer sie das geplante Projekt auf dem Grundstück umsetzen soll.

Im Enteignungsbeschluss müssen folgende Informationen enthalten sein:

  • Namen des Antragstellers

  • Name des von Enteignung Betroffenen

  • Namen weiterer Beteiligter

  • Zweck der Enteignung

  • Frist, innerhalb der die Immobilie zum genannten Zweck verwendet werden soll

  • Genaue Beschreibung des Objektes, das enteignet werden soll

  • Entschädigungsart und Höhe der Ausgleichszahlungen

  • Rechtsbelehrung der Beteiligten

Welche Arten von Entschädigung gibt es?

Wer sein Haus weggeben muss, tut das meistens nicht begeistert. Deshalb sollte die Entschädigung angemessen sein. Für die Enteignung von Immobilien gibt es grundsätzlich drei Arten der Entschädigung:

  • Entschädigung durch Geld 
  • Entschädigung durch Land
  • Entschädigung durch die Gewährung anderer Rechte 

Meistens bekommt der enteignete Immobilienbesitzer Geld – wie viel, wurde vom Gesetzgeber nicht genau festgelegt. In den meisten Fällen entspricht die Höhe der Entschädigungszahlung dem Wert des Grundstücks. Dafür wird der sogenannte Verkehrswert, also der zum aktuellen Zeitpunkt am Markt erzielbare Preis für ein Haus in dieser Gegend, ermittelt.

Welcher Zeitpunkt für die Immobilienbewertung zugrunde gelegt wird, ist allerdings umstritten. Daher hat das Baugesetzbuch (BauGB) festgelegt, dass der Verkehrswert dann bestimmt werden soll, wenn die Entscheidung über den Antrag auf Enteignung gefallen ist.

Gemäß dem BauGB sind aber auch Entschädigungen in Form von Land oder gewährter Rechte möglich. Die Grundstücke, die zum Tausch angeboten werden, müssen aber wertgleich sein. Eine entschädigungslose Enteignung gibt es nicht, das wäre verfassungswidrig.

Was kann man gegen eine Enteignung tun?

Sie wollen sich gegen eine Enteignung wehren? Dann haben Sie drei Möglichkeiten:

  1. Sie verkaufen das Grundstück, noch bevor es enteignet werden kann.
  2. Sie nehmen das Entschädigungsangebot an.
  3. Sie gehen gegen den Enteignungsbeschluss juristisch vor. Wenn eine der oben genannten Voraussetzungen bei dem Enteignungsverfahren nicht erfüllt worden ist, haben Sie vor Gericht gute Chancen, dass das Enteignungsverfahren gestoppt wird. Allerdings sollten Sie bedenken, dass Gerichtsverfahren oft langwierig sind und viel Geld kosten. Daher sollten Sie Ihren Gang vors Gericht gut durchdenken. Achtung: Sie haben nur einen Monat Zeit, nachdem Sie den Enteignungsbeschluss erhalten haben, bei der zuständigen Stelle Einspruch einzulegen.

Enteignung: Gibt es auch ein Recht auf Rückenteignung?

Dieses Recht gibt es, allerdings nur in Ausnahmefällen. Denn eine Rückabwicklung der Enteignung ist sehr zeit- und arbeitsaufwändig. Gemäß des BauGB kann ein enteigneter Immobilienbesitzer somit verlangen, dass das enteignete Grundstück zu seinen Gunsten rückenteignet wird. Erfolgversprechend ist dieser Schritt dann, wenn …

  • die Gemeinde oder das Land sein ehemaliges Grundstück nicht innerhalb der vorgegebenen Fristen verwendet.
  • die Pläne, zum Beispiel für den Bau einer Straße, vor Ablauf der Frist wieder aufgegeben wurden. So entfällt der Zweck, mit dem die Enteignung begründet wurde.
  • die Gemeinde ihre Verpflichtungen zur Übereignung nicht erfüllt hat.
  • die Gemeinde das Grundstück „auf Vorrat“ enteignet hat.

Wenn der Enteignete das Grundstück selbst im Rahmen einer Enteignung erworben hat, ist eine Rückenteignung allerdings nicht möglich. Auch wenn es bereits ein Verfahren zur Enteignung des Grundstücks zu Gunsten eines Dritten gibt, ist das Gesuch auf Rückenteignung so gut wie aussichtslos.

Gut zu wissen Um den Antrag auf Rückenteignung bei der zuständigen Enteignungsbehörde zu stellen, haben Sie zwei Jahre. Aber Achtung: Der Antrag kann abgelehnt werden, wenn das Grundstück bereits erheblich verändert wurde. Sollte Ihr Antrag genehmigt werden, müssen Sie dem Betroffenen ihrerseits eine Entschädigung für den Verlust zahlen.

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Änderungen Lastenausgleichsgesetz: Kommt es 2024 zu Enteignungen?

Der Zensus 2022, die Grundsteuerreform, die hohe staatliche Verschuldung und die Änderung des Lastenausgleichsgesetzes verunsichern viele Immobilienbesitzer. Sie befürchten, dass es 2024 oder 2025 zum Lastenausgleich und dadurch zu Enteignungen kommt. Doch laut Experten ziehen die Änderungen des Lastenausgleichsgesetzes keine Vermögensabgabe mit sich, sondern dienen nur der Modernisierung des Gesetzes, das 1953 eingeführt wurde und veraltet ist. 

Damals wurde das Lastenausgleichsgesetz eingeführt, um Kriegsgeschädigte zu entschädigen und Geflüchtete einzugliedern. Es wurde festgelegt, dass Vermögende die Hälfte ihres Besitzes über einen Zeitraum von 30 Jahren abtreten mussten. Da hierbei der Wert der Immobilien zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes als Grundlage diente und es in den folgenden Jahren zu einer raschen Wertsteigerung kam, umfasste die Abgabe letztendlich weniger als die Hälfte des Vermögens.

Seit dem 1. Januar 2024 ist in Artikel 21 des Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts (SozERG), auf den das Lastenausgleichsgesetz verweist, der Begriff „Kriegsopferfürsorge” durch „Soziale Entschädigung” ersetzt. Die Soziale Entschädigung soll Menschen unterstützen,

„(...) die durch ein schädigendes Ereignis, für das die staatliche Gemeinschaft eine besonderer Verantwortung trägt, eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, bei der Bewältigung der dadurch entstandenen Folgen.” (Kapitel 1, Paragraf 1, Absatz 1, SozERG)

Als schädigende Ereignisse gelten:

  • bestimmte physischen oder psychische Gewalttaten
  • nachträgliche Auswirkungen der beiden Weltkriege
  • Ereignissen im Zusammenhang mit der Ableistung des Zivildienstes
  • Impfschäden nach öffentlich empfohlenen Schutzimpfungen

Die Entschädigungsleistungen sollen nicht durch eine Vermögensabgabe (Lastenausgleich), sondern aus staatlichen Mitteln finanziert werden. 

Derzeit ist also kein erneuter Lastenausgleich geplant, weder für 2024 noch 2025. Immobilienbesitzer müssen sich momentan keine Sorgen über eine mögliche Enteignung machen.

FAQ – Die häufigsten Fragen zu Enteignung

Ja, in Deutschland darf der Staat oder die Gemeinde Privatleuten Eigentum entziehen. So auch Immobilien wie Wohnungen, Häuser und Grundstücke. Die Enteignung kommt jedoch nur das letzte Mittel infrage.

Eine Enteignung ist gemäß Artikel 14 Absatz 3 des Grundgesetzes in erster Linie dann zulässig, wenn sie für das Allgemeinwohl notwendig ist und dem, der enteignet wird, eine angemessene Entschädigung geboten wird. Die Voraussetzungen für die Enteignung von Immobilien werden in Paragraf 87 des Baugesetzbuches weiter spezifiziert. Zum Beispiel muss sich der Antragsteller vorher vergeblich darum bemüht haben, das Grundstück freihändig zu angemessenen Bedingungen zu erwerben (§ 87 Abs. 2 BGB).

Enteignungen finden in Deutschland jedes Jahr statt, vor allem zu Gunsten von Straßenbauprojekten. Von 2009 bis Mitte 2020 zum Beispiel wurden 448 Enteignungsverfahren abgeschlossen. Auch 2021 und 2022 kam es wieder zu Enteignungen.

Wenn Sie als Immobilienbesitzer von einer Zwangsenteignung betroffen sind, können Sie

  1. das Entschädigungsangebot annehmen,
  2. das Grundstück verkaufen, bevor es enteignet werden kann oder
  3. juristisch gegen die Enteignung vorgehen und Klage zu erheben.

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