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Wohngebäudeversicherung: Steigende Prämien abwenden

Inhaltsverzeichnis

Wohngebäudeversicherung - Was sind die Ursachen für die steigenden Beiträge?

a) Steigende Baupreise und das Prinzip Neuwertversicherung
Die Höhe der Wohngebäudeversicherungsbeiträge richtet sich im Wesentlichen nach dem sogenannten gleitenden Neuwert. Der gleitende Neuwert ist der Betrag, der notwendig wäre, um in der aktuellen Zeit eine Sache/ein Wohngebäude in gleicher Art und Qualität zu errichten. Da aufgrund des Baubooms die Bauunternehmen gut ausgelastet sind und somit den Preis bestimmen können, steigen die Baupreise momentan an. Die Konsequenz: Der Baupreisindex, an den die Versicherungssumme angepasst wird und der jedes Jahr vom Statistischen Bundesamt neu berechnet wird, erhöht sich marktweit.

Zusammengefasst Mit steigenden Baupreisen steigen auch die Versicherungssumme und somit der Versicherungsbeitrag.

Ein Beispiel: Wenn ein Haus, das 1970 für 150.000 Mark errichtet wurde, komplett zerstört wird, kostet es heute weitaus mehr als 75.000 Euro ein neues gleichwertiges Haus zu errichten. Der gleitende Neuwert sorgt dafür, dass ein gleichartiges Haus nach heutigen Standards inklusive der Architekten-, Konstruktions- und Planungskosten neu errichtet werden kann. Die tatsächlichen Kosten liegen momentan also weit über dem, was zur Errichtung benötigt wurde. Deshalb ist dieser Schutz so immens wichtig für Hausbesitzer.
Hinweis: Um bundesweit den Wiederaufbauwert auf einheitlicher Basis zu berechnen, wird der fiktive Wert 1914 (Goldmark) genutzt. Obwohl dieser Wert bereit über 100 Jahre alt ist, dient er heute immer noch als Rechengrundlage, da 1914 das letzte Jahr war, in dem von einem stabilen Baupreis ausgegangen werden konnte. Um den Wert 1914 zu erhalten, wird der Neubauwert in Euro durch den Baupreisindex durch 100 geteilt.

Berechnungsformel Wert 1914: Neubauwert in Euro ÷ (Baupreisindex ÷ 100)

b) Zunahme der Schadensfälle
Einige Versicherer zahlen derzeit mehr Geld für Schäden aus, als sie durch Beiträge einnehmen. Insbesondere Leitungswasserschäden bereiten Versicherern sorgen, denn diese traten in den letzten Jahren besonders häufig auf. Grund dafür sind unter anderem veraltete, sanierungsbedürftige Leitungssysteme. In den Jahren 2017 bis 2019 entstanden jeweils mehr als eine Millionen Leitungswasserschäden. Das bedeutet, es gibt alle 30 Sekunden einen Leitungswasserschaden in Deutschland.

Wetterereignisse wie beispielsweise Stürme und Hochwasser sorgten in der Vergangenheit ebenfalls für hohe Schadensummen.

c) Auslauf von Nachlässen
Wer sich für einen Neubau entschieden hat, wird häufig von Versicherern mit Nachlässen belohnt. Diese Vergünstigungen sind jedoch zeitlich befristet. Je nach Tarif schmilzt dieser Nachlass Jahr für Jahr ab, bis er komplett entfällt. Auch das sorgt für steigende Beiträge.

d) Moderne Gebäudetechnik steigert Reparaturkosten
Da viele ursprünglich mechanisch funktionierende Gebäudeelemente inzwischen elektrifiziert sind, wie zum Beispiel Rollläden, kosten Reparaturen dieser Elemente heute oft wesentlich mehr als früher. Bei der Reparatur müssen häufig auch technische Komponenten wie Sensoren und Motoren mit ausgetauscht werden. Die Gebäudeversicherer schlagen diese Mehrkosten auf den Versicherungsbeitrag um.

e) Alter der Immobilie
Grundsätzlich hat auch das Gebäudealter einen Einfluss auf die Berechnung des Beitrages. So rechnen Versicherer bei steigendem Gebäudealter mit einem steigenden Schadenbedarf (Gebäudealtersstaffeln). Dies passiert beispielsweise in Form eines Gebäudealterungsfaktors.

f) Zusätzliche Komponenten für die Tariffindung
Während früher bei der Beitragsfindung einer Gebäudeversicherung die Postleitzahl und die Versicherungssumme die einzigen relevanten Faktoren waren, spielen heute wesentlich mehr Faktoren eine Rolle: Neben dem Gebäudealter zum Beispiel bauliche Besonderheiten und die genaue Adresse. Je nach Konstellation führt das zu zusätzlichen Beitragssteigerungen.

g) Mehraufwendungen durch behördliche Auflagen
Die gesetzlichen Anforderungen zur Errichtung oder Wiederherstellung eines Hauses sind ebenfalls von Bedeutung. Denn die behördlichen Auflagen, insbesondere zum Wärmeschutz, sind in der Vergangenheit immer höher geworden. Die daraus resultierenden Mehrkosten nach einem Schadensfall sind je nach Tarif teilweise oder komplett mitversichert.

Wohngebäudeversicherung - Werden die Beiträge weiter steigen?

Hausbesitzer müssen wohl auch zukünftig mit steigenden Beiträgen zur Gebäudeversicherung rechnen. Die Baupreise werden aller Voraussicht nach weiter steigen. Hinzu kommt der Sanierungsstau alter Gebäude, der sich über Jahrzehnte gebildet hat. Marode Wasserleitungen und Elektrik führen zu mehr Schäden, als von den Versicherungen kalkuliert wurden und das wirkt sich auf die Beitragshöhe aus. Bis dieser Stau aufgelöst sein wird, wird es noch einige Jahre dauern.

Neben steigender Baupreise und Sanierungsstau führen auch immer häufiger vorkommende Wetterextreme wie Stürme und Hochwasser und die dadurch entstehenden Gebäudeschäden dazu, dass die Beiträge weiter steigen werden.

Wohngebäudeversicherung - Was kann ich tun, wenn diese steigt?

a) Den Anbieter wechseln
Erhöht ein Versicherer die Beiträge zur Gebäudeversicherung, haben Kunden unter Umständen ein Sonderkündigungsrecht. Darauf muss der Versicherer den Kunden schriftlich hinweisen.

Sollten Sie von diesem Recht Gebrauch machen?
Auf diese Frage gibt es keine pauschale Antwort. Möchten Sie ihr Gebäude aufgrund einer Beitragserhöhung bei einem anderen Versicherer absichern, sollten Sie dies vorab mithilfe eines Spezialisten genau prüfen. Nicht immer bringt der Wechsel zu einem anderen Versicherer den gewünschten Effekt, denn die zuvor genannten Ursachen für steigende Beiträge belasten alle Marktteilnehmer.

Ist das Haus durch Schäden aus der Vergangenheit vorbelastet, kann das dazu führen, dass der gewünschte neue Versicherer das Risiko nicht ohne weiteres zeichnen möchte. Bei einem Versichererwechsel sind Vorschäden unbedingt vor Vertragsabschluss anzugeben.

Achten Sie außerdem beim Jahreswechsel unbedingt darauf, ob der neue Versicherer in seinem Angebot schon die anstehende Beitragsanpassung berücksichtigt hat. Oft ist im Angebot ein Vorbehalt vermerkt, der zu einer Beitragserhöhung kurz nach Vertragsbeginn führt.

b) Selbstbeteiligung
Es lohnt sich, für kleinere Schäden selbst aufzukommen. Denn auf Dauer führen Kleinstschäden, die Sie der Versicherung melden, zu Beitragserhöhungen, die die eigentliche Schadenhöhe deutlich übersteigen. Vereinbaren Sie mit dem Versicherer eine Selbstbeteiligung, bedeutet das für Sie in der Regel auch eine Ermäßigung des Versicherungsbeitrages.

c) Schäden vermeiden
Durch das Vermeiden von Schäden können Sie ebenso wie durch die Übernahme kleinerer Schäden individuelle Beitragserhöhungen vermeiden.

Expertenrat: Prüfen Sie Ihren Versicherungsschutz regelmäßig beziehungsweise lassen Sie ihn professionell prüfen – Möglichkeiten zur Optimierung gibt es immer wieder.

Wohngebäudeversicherung - Was tun, wenn ich den Brief für die Erhöhung erhalte?

Schauen Sie sich das Schreiben zunächst genau an. Denn ob ein Sonderkündigungsrecht besteht, hängt auch vom Grund der Beitragserhöhung ab.

Besteht ein außerordentliches Kündigungsrecht, können Sie von diesem innerhalb eines Monats nach Erhalt der Mitteilung Gebrauch machen. Das sollten Sie jedoch erst dann tun, wenn der gewünschte neue Versicherer auch tatsächlich Ihr Haus versichern möchte. Dies muss nicht zwingend der Fall sein (s. 3. a)) Ist nicht absehbar, ob Sie innerhalb der Kündigungsfrist einen neuen Versicherer finden, können Sie auch ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen.

Grundsätzlich sollte eine Kündigung gut überlegt sein. Oft gibt es auch andere Möglichkeiten, den steigenden Beiträgen entgegenzuwirken. Eine professionelle Beratung kann Ihnen hier weiterhelfen.

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